Wie sich die Fußball-Nationalmannschaft ins Abseits spielte - Der sportliche Wert der Länderspiele ist im Sinkflug

Der Profifußball hierzulande ringt in diesen Tagen sichtlich um Aufmerksamkeit und Zuneigung. Beides flog ihm früher ohne großes Zutun zu. Das beginnt sich zu ändern.

 

Ursächlich dafür ist vermutlich die Pandemie, die Geisterspiele erzwingt, Ausfälle diktiert und die Kassen leert. Nicht nur die Klubs ächzen unter der Krise, auch das Flaggschiff des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist in schweres Fahrwasser geraten. Das hat der Länderspiel-Dreierpack jüngst wieder erwiesen. Doch für die rapide schwindende Begeisterung des Publikums ist im Fall der Nationalmannschaft und ihrer einstmals vergötterten Helden mal nicht Corona verantwortlich.

 

Sinkende Einschaltquoten, schleppende Ticketverkäufe

 

Sinkende Einschaltquoten, schleppende Ticketverkäufe und schwache Merchandising-Erlöse kündeten schon lange vor dem Virus vom Liebesentzug der Fans. Die DFB-Elf, ehmals das Lieblingskind der Nation, droht ins Abseits zu geraten. Dort ist im Fußball wenig zu gewinnen. Die Gründe für den rasanten Abschwung im sportlichen Bereich zu verorten, führt ein wenig in die Irre. Gewiss spielt der Bundestrainer derzeit - ganz gegen sein Naturell - personell va banque. Dafür steckt Joachim Löw immer mehr verbale Prügel der im Dienste der Medien stehenden Expertengilde ein, die von ehemaligen Nationalspielern wie Lothar Matthäus angeführt wird.

 

Löw hat bei der WM in Russland zu viel Kredit verspielt

 

Löw mag eine spannende Auswahl mit großem Entwicklungspotenzial auf die Beine gestellt haben. Sein Mut, verdiente Akteure wie Thomas Müller und Mats Hummels in den vorzeitigen Nationalmannschaftruhestand zu versetzen, verdient Respekt. Allerdings hatte der Weltmeister-Coach von 2014 mit dem aus Selbstgefälligkeit resultierenden sportlichen Bankrott vier Jahre später beim globalen Championat in Russland zu viel Kredit verspielt, als dass er nun Geduld erbitten dürfte.

 

Misere begann mit nationalem Rausch

 

Löws Wirken wird höchst kritisch beäugt und mehr denn je an positiven Ergebnissen gemessen. Die fehlen momentan. Die Misere wurzelt tiefer. Sie begann mit dem nationalen Rausch, in den das Sommermärchen 2006 das Land versetzte. Im Gefolge der Heim-WM überdehnten die führenden Köpfe der DFB-Elf, allen voran Manager Oliver Bierhoff, die Ansprüche. Die Cashcow Nationalmannschaft gerierte sich im DFB wie ein Staat im Staate, unantastbar und den Sphären des gemeinen Volkssports enthoben. Negativer Höhepunkt des Höhenflugs war das aus Marketinggründen ersonnene Etikett "Die Mannschaft", das einen an Arroganz nicht zu überbietenden Alleinvertretungsanspruch auf dem Sektor der professionell betriebenen Leibesübungen signalisierte.

 

Mit der B-Elf an den Start

 

Der Slogan ist ein Schlag ins Gesicht aller sportlichen Hungerleider, seien es nun Judoka, Ruderer oder Volleyballer. Indes, nach dem WM-Triumph 2014 in Rio den Janeiro ebbte die nationale Euphorie ab. Die Generation Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger & Co. hatte die Verheißungen des Sommermärchens erfüllt. Was seither folgte, wirkte wie eine sportliche Zugabe. Das Publikum reagierte mit Verdruss und Fernbleiben auf dröge Darbietungen, bei denen eine B-Elf durch ständige Auswechslungen nur noch wenig mit dem elitären Gehabe zu tun hatte.

 

Sportliche Wert der Länderspiele im Sinkflug

 

Der sportliche Wert der Länderspiel-Duelle sank im Gleichschritt mit dem Unterhaltungsfaktor. Künstlich aufgeblähte Wettbewerbe wie die Nations League sind in der öffentlichen Wahrnehmung Ladenhüter. Bierhoff sollte geschäftstüchtig und smart genug sein, entschlossen gegenzusteuern.

pm, ots, Quelle: Mittelbayerische Zeitung