Das Thema Flüchtlinge steht immer wieder auf der Tagesordnung. Wie sieht die Integration der Migranten auf dem Arbeitsmarkt aus? Ein Gespräch mit dem Arbeitsmarktexperten Panu Poutvaara vom Ifo-Institut in München.
Ingo Kramer, Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), stellte fest, das
s sich Flüchtlinge besser als erwartet in den deutschen Arbeitsmarkt integriert hätten. Was halten Sie von der Aussage?
PANU POUTVAARA: Ich stimme zu, dass die Integration der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt besser gelingt als erwartet.
Das sind erfreuliche Nachrichten. Gibt es auch weniger erfreuliche Nachrichten?
POUTVAARA: Dennoch befürchte ich, dass die Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen weiterhin negativ bleiben werden. Die Unterstützung von Geflüchteten bei der Integration in den Arbeitsmarkt liegt dennoch im Interesse der Allgemeinheit. Auch Niedriglohn-Arbeitsplätze tragen dazu bei, die Gesamtbelastung für die öffentlichen Finanzen zu verringern.
Und wie steht es mit der Aussage des BDA-Chefs, dass nicht wenige Migranten zu einer Stütze der deutschen Wirtschaft geworden sind?
POUTVAARA: Und selbst wenn die Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen negativ sein sollten, ist die Aussage, dass viele Migranten „eine Stütze der deutschen Wirtschaft geworden sind“, aus arbeitsmarktpolitischer Sicht richtig.
Erläutern Sie das bitte?
POUTVAARA: Die Integration in den Arbeitsmarkt ist besser gelungen als von vielen erwartet. Dies liegt unter anderem daran, dass es dem deutschen Arbeitsmarkt im Moment ganz allgemein sehr gut geht und es viele offene Stellen gibt, auch in Niedriglohn-Sektoren. Auch wurden viele Initiativen gestartet und Gesetzesänderungen erlassen, die Geflüchteten den Weg in die Arbeitswelt ebnen.
Aber wie viele Migranten haben jetzt einen sozialversicherungspflichtigen Job?
POUTVAARA: Derzeit liegen keine Daten mit Bezug zum Aufenthaltsstatus vor, jedoch erhebt die Bundesagentur für Arbeit Auswertungen für Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus den zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylbewerbern. Im Oktober 2018 lag die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Personen aus den Hauptherkunftsländern der Geflüchteten bei 298 000 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr waren dies rund 95 000 mehr, ein Anstieg von 47 Prozent. Zusätzlich muss man aber berücksichtigen, dass es auch einen Anstieg der Personen im erwerbsfähigen Alter aus diesen Ländern gibt.
In welchen Branchen arbeiten die Flüchtlinge und Migranten?
POUTVAARA: Die Beschäftigungsaufnahme erfolgt meist in der Zeitarbeit, bei wirtschaftlichen Dienstleistungen, in Gastgewerbe, Handel und Instandhaltung, der Reparatur von Kraftfahrzeugen und im verarbeitenden Gewerbe.
Es ist davon auszugehen, dass das Branchen und Tätigkeiten sind , in der niedrige Löhne gezahlt werden ...
POUTVAARA: Ja. Viele Geflüchtete arbeiten in Branchen mit geringen Löhnen und vielen Beschäftigten, die nur den Mindestlohn erhalten. Dies liegt auch daran, dass sie oft noch nicht gut genug Deutsch können, um in ihrem ursprünglich erlernten Beruf oder in einer qualifizierten Beschäftigung zu arbeiten. Wenn sie jedoch ihre Deutsch-Kenntnisse verbessern, hat ein Teil von ihnen auch das Potenzial, in besser bezahlte Beschäftigung aufzusteigen.
Haben denn die Unternehmen überhaupt eine Interesse, Migranten für gut bezahlte Jobs einzustellen?
POUTVAARA: In einer ifo-Studie aus dem Jahre 2015 wurden Unternehmen befragt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie Flüchtlinge in bestimmten Positionen einstellen würden. Knapp 40 Prozent der Unternehmen wollten sie als ungelernte Hilfsarbeiter oder Auszubildende einstellen und über 20 Prozent wollten sie als Facharbeiter einstellen. Natürlich sind nicht alle Unternehmen gleich. Während einige besondere Programme für die Integration von Geflüchteten in ihrem Betrieb gestartet haben, haben andere so hohe Anforderungen an die Deutsch-Kenntnisse, dass eine Einstellung fast unmöglich ist.
Wie hoch sind die Subventionen, die in die berufliche Integration von Flüchtlingen fließen?
POUTVAARA: Laut dem Bundesministerium für Finanzen wurden im Jahr 2017 rund 2,62 Milliarden Euro für flüchtlingsbezogene Integrationsleistungen investiert. Allerdings ist dem Bundeshaushalt nicht zu entnehmen, wie viel davon in die berufliche Integration geflossen ist.
Zu Beginn der Flüchtlingswelle war die Rede davon, dass damit der sogenannte Fachkräftemangel zu lösen sei. Was ist daraus geworden?
POUTVAARA: Es ist wichtig, an dieser Stelle zwischen Fluchtmigration und der allgemeinen Migration zu unterscheiden. Geflüchtete alleine können den Fachkräftemangel nicht beheben. Dies ist auch nicht zu erwarten, da sie aus humanitären Gründen Asyl suchen und ihr Potenzial, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, nicht berücksichtigt wird.
Hilft hier das Fachkräfteeinwanderungsgesetz weiter, das die große Koalition im Dezember vergangenen Jahres auf den Weg gebracht hat?
POUTVAARA; Das Gesetz ist eine große Verbesserung. Natürlich können noch einige Punkte verbessert werden. Wir würden zum Beispiel bei der Arbeitsplatzsuche vorschlagen, den Nachweis zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verringern, aber den Migranten dafür die Erwerbsaufnahme während der Arbeitsplatzsuche zu ermöglichen. Liegt ein Arbeitsplatz-Angebot vor, sollte sichergestellt werden, dass der Zuwanderer durch sein Gehaltsniveau ein Nettobeitragszahler zum Sozialstaat ist.
Wie lange wird es dauern, bis die meisten Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert sind?
POUTVAARA: Das ist sehr schwierig vorherzusagen, da die jetzige Situation ganz anders ist als in der Vergangenheit, beispielsweise als in den 90er Jahren viele Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien kamen. Damals hat es über zehn Jahre gedauert, bis Geflüchtete das gleiche Beschäftigungsniveau wie Deutsche hatten. Damals hatten die Geflüchteten aber auch ein viel längeres Beschäftigungsverbot und weniger Unterstützung bei den Deutschkursen.
Was passiert, wenn die Integration der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt misslingt?
POUTVAARA: Die Lasten werden von sowohl von Immigranten als auch von Deutschland getragen. Das kann in höheren Steuern und Abgaben enden, und im schlimmsten Fall das Kriminalitätsrisiko und das Risiko der Radikalisierung erhöhen. mei
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