Zugleich kündigte er Maßnahmen gegen Hetze und Demokratiefeindlichkeit an. Konkrete Schritte hierzu sind bereits bei den hessischen Sicherheitsbehörden initiiert, weitere werden auch unter Berücksichtigung möglicher weiterer Erkenntnisse aus den fortlaufenden Ermittlungen des Mordfalles folgen.
„Wir haben dem Generalbundesanwalt eine vollumfängliche Unterstützung durch die hessischen Sicherheitsbehörden bei den laufenden Ermittlungen zur Aufklärung des Mordes des Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke zugesichert", so Beuth. Die Sicherheitsbehörden würden dem GBA alle Informationen zur Verfügung stellen, die er zur Aufklärung des Mordes benötigt. Die Sonderkommission beim Hessischen Landeskriminalamt haben wir mit weiteren 20 Ermittlern verstärkt.
80 Beamte ermitteln mit Hochdruck
80 hessische Kriminalisten ermittelten mit Unterstützung des Bundeskriminalamts mit Hochdruck, um eine vollumfängliche Aufklärung der Tat, des Motivs und möglicher Unterstützer oder Mittäter zu ermöglichen. Aktuell müsse davon ausgegangen werden, dass diese Tat von Fremden- und Demokratiefeindlichkeit motiviert war; ein rechtsextremistisches politisches Attentat auf einen "engagierten wie ehrbaren Vertreter des Rechtsstaates" und unserer freiheitlichen Demokratie. Wir werden weiterhin festentschlossen Rechtsextremismus entgegentreten“, sagte Beuth.
Task-Force gegen demokratiefeindliche Hetze im Netz
Er kündigte an, dass im Hessen Cyber Competence Center (H3C) kurzfristig eine Task-Force gegen Hetze im Netz gebildet werde. Die Task-Force aus IT-Spezialisten, Polizisten und Verfassungsschützern werde im Austausch mit der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) und dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) neue Konzepte zur Bekämpfung von Hetze im Netz erarbeiten. „Wir wollen der Hetze im Netz aktiv entgegentreten. Strafrechtliche Ermittlungen erfolgen schon heute und werden konsequent geahndet, wo dies möglich ist. Doch bis die Ermittlungen zu einem Abschluss kommen und der Rechtsstaat seine Wirkung entfaltet, hat sich die Hetze oft schon vervielfacht. Ich möchte ein unmittelbareres und schnelleres Stopp-Signal in den Echokammern des Hasses setzen. Wir starten damit in Hessen, es bedarf aber letztlich einer nationalen Anstrengung gegen Hetze und Demokratiefeindlichkeit“, so Beuth.
Sonderauswertung zu Reaktionen der rechtsextremistischen Szene
Im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) sei unmittelbar nach Bekanntwerden, dass der dringend Tatverdächtige im Mordfall Lübcke eine rechtsextremistische Vergangenheit hat, eine Sondereinheit im Bereich Rechtsextremismus gebildet worden. Ziel der Sondereinheit sei es, die laufenden Ermittlungen des GBA bestmöglich zu unterstützen. Das LfV nehme dabei auch mögliche Reaktionen der rechtsextremistischen Szene auf den Mordfall und die Inhaftierung des dringend Tatverdächtigen in den Blick.
Unerträglich, dass der Getötete im Netz verhöhnt werde
„Es ist unerträglich, dass der Getötete posthum im Netz verhöhnt und verunglimpft wird. Wer diesen Mord nun aber als rechtsextremistische Tat glorifiziert oder szeneintern mit dem mutmaßlichen Mörder sympathisiert, ist ein Fall für den Verfassungsschutz und möglicherweise von Interesse für die ermittlungsführende Generalbundesanwaltschaft. Das LfV wird – ähnlich wie es diese Praxis bereits im HETAZ lebt – auch in diesem Fall Polizei und Justiz im Rahmen der Gesetze bestmöglich durch seine Erkenntnisse unterstützen“, so Peter Beuth.
Erkenntnisse des Verfassungsschutzes werden GBA und PKV zur Verfügung gestellt
Das Hessische Landeskriminalamt (HLKA) sowie das LfV unterstütze die Ermittlungen des GBA zielgerichtet und vollumfänglich. Das LfV hat beispielsweise bereits am 19. Juni 2019 den GBA über die Existenz einer Akte mit Erkenntnissen zur rechtsextremistischen Vergangenheit des dringend Tatverdächtigen informiert, so der Minister. Dabei habe das LfV dem GBA auch angeboten, ihm die Akte im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, sollte er diese für die laufenden Ermittlungen benötigen. Ebenso habe die Parlamentarische Kontrollkommission Verfassungsschutz (PKV) uneingeschränkten Einblick in die beim LfV vorhandenen Akten.
Einstufungsfristen verkürzt – Schutz verdeckter Maßnahmen für Sicherheit notwendig
Einstufungsfristen von Verschlusssachen seien kein Hinderungsgrund für eine parlamentarische Überprüfung von sicherheitsbehördlichen Erkenntnissen, betonte der Minister. Diese geben lediglich vor, wann ein Dokument öffentlich gemacht werden kann und dienen daher sowohl den tangierten Grundrechten als auch dem Schutz verdeckter Maßnahmen der Sicherheitsbehörden, die im Interesse der Sicherheit notwendig und wichtig sind. Die Regierungskoalition habe bereits im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbart, deutlich kürzere Einstufungsfristen zu schaffen. Das Hessische Innenministerium habe per Erlass schon im April dieses Jahres dem LfV kurzfristig die Möglichkeit eingeräumt, bei der Einstufung von Verschlusssachen kürzere Fristen setzen zu können. Das LfV hat nun auf Grundlage dieses Erlasses rückwirkend auch die Einstufungsfrist für den Evaluationsbericht des LfV zum NSU-Untersuchungsausschuss neu bewertet. Die Einstufung als Verschlusssache endet damit nunmehr mit Ablauf des Jahres 2044 deutlich früher.
Landeskriminalamt bietet Beratung und Schutz für bedrohte Personen
Das Hessische Landeskriminalamt (HLKA) führe Sicherheitsberatungen für bedrohte Personen durch und informiere diese eigeninitiativ, wenn der Polizei Erkenntnisse über eine potentielle Bedrohung vorliegen. Sensibilisierungsgespräche sind in Hessen in den letzten Jahren nach erfolgter Einzelfallprüfung in einer erheblichen Anzahl von Fällen durchgeführt worden. „Unsere Gesellschaft braucht die zivilgesellschaftlich und politisch Engagierten. Wer sich für unser Gemeinwesen einsetzt und Verantwortung übernimmt, erhält bei Einschüchterungen und Drohungen unkompliziert und schnell Hilfe und Schutz“, so Beuth.
Sicherheitsbehörden gestärkt und modernisiert
Die Hessische Landesregierung habe in den vergangenen Jahren die hessischen Sicherheitsbehörden massiv personell, materiell wie auch strategisch gestärkt. Ein besonderer Fokus hat dabei auf Verbesserungen bei Polizei und Verfassungsschutz zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus gelegen. „Wir werden deshalb jeden Tag aufs Neue kritisch bewerten, welche weiteren Schritte zur Verbesserung der Sicherheitslage nötig sind. Insbesondere die Aufarbeitung der Taten des NSU, aber auch die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus waren und sind immer wieder Anlass, Ausstattung, Ausbildung, Arbeitsweise und Organisation der Sicherheitsbehörden zu überprüfen und, falls notwendig, neu auszurichten. Von Hessen gingen immer wieder wertvolle neue Impulse für Gesetzesinitiativen und die Verstärkung der bundesweiten Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden aus. Hier werden wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen“, sagt Beuth.
Massiv gestärkt
Die Hessische Landesregierung hat die hessischen Sicherheitsbehörden in der zurückliegenden Legislaturperiode in historischem Maße personell gestärkt. Der Personalzuwachs kam und kommt in hohem Maße dem polizeilichen Staatsschutz sowie dem Verfassungsschutz zu Gute – und somit dem Kampf gegen Extremismus und Terrorismus. Bei der Polizei wurde in der zurückliegenden Legislaturperiode ein Zuwachs von insgesamt rund 1.520 zusätzlichen Stellen für Polizeivollzugsbeamte geschaffen. Unter Berücksichtigung dieser bereits initiierten Stellenzuwächse sowie der im Koalitionsvertrag vorgesehenen weiteren 750 Planstellen des Polizeivollzugsdienstes werde die hessische Polizei künftig über 16.040 Planstellen verfügen. Das LfV habe seit 2015 einen historischen Stellenzuwachs um 42 Prozent beziehhungsweise 107 neue Stellen erfahren (55 neu geschaffene Stellen im Haushalt 2016, weitere 20 Stellen im Haushalt 2017, nochmals 20 Stellen im Haushalt 2018 und zusätzliche 12 Stellen im Haushalt 2019). Das LfV ist damit bis 2019 auf eine nie dagewesene Größe von 364 (2015: 257) Planstellen angewachsen. Für die weitere operativere Ausrichtung des LfV und Stärkung der analytischen Kompetenz sollen auch in den kommenden Haushaltsjahren weitere Stellen geschaffen werden.
Materielle und strategische Stärkung
Die Hessische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren massiv in die Sicherheitsbehörden investiert. Durch neueste technische Ausstattung wurde den hessischen Sicherheitsbehörden eine effizientere Arbeitsweise ermöglicht. Mit dem modernen Analysewerkzeug hessenDATA wurde beispielsweise die Polizei im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus deutlich gestärkt, um vorliegende Erkenntnisse schnell verknüpfen und daraus die richtigen Schlüsse zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung ziehen zu können.
HETAZ stellt enge Zusammenarbeit von LfV, Polizei und Justiz sicher
Mit dem Hessischen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (HETAZ) wurde ein weiterer wichtiger Baustein zur behördenübergreifenden Zusammenarbeit gegen Extremismus und Terrorismus geschaffen. Das HETAZ wurde im März 2019 eröffnet. Dort tauschen sich das Landesamt für Verfassungsschutz, das Hessische Landeskriminalamt, die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt sowie die Staatsanwaltschaft Frankfurt – Abteilung Staatsschutz über extremistische Bedrohungslagen aus und erarbeiten gemeinsame Strategien zur Bekämpfung extremistischer und terroristischer Bedrohungen.
Neuausrichtung des LfV – operativer, transparenter, präventiver
Im Zuge der Aufarbeitung des NSU-Komplex erfolgte eine Neuausrichtung des LfV. Dabei hat sich die Behörde deutlich operativer, transparenter und präventiver aufgestellt. 2015 erfolgte eine interne Umstrukturierung des Amtes, in dessen Zuge eine eigenständige Abteilung zur Bearbeitung des Rechtsextremismus geschaffen wurde. Allein 30 Stellen aus dem erfolgten Personalzuwachs für das LfV haben die Abteilung Rechtsextremismus verstärkt. Zugleich erfolgte durch die Zusammenlegung einheitlicher Beschaffungs- und Auswertungsdezernate innerhalb der Abteilungen eine enge Verzahnung dieser Arbeitsbereiche. Im Jahr 2016 wurde die „Phänomenübergreifende wissenschaftliche Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ (PAAF) eingerichtet, die die Fachabteilungen mit wissenschaftlichen Analysen unterstützt.
Auch durch die verstärkte Einstellung von wissenschaftlichen Mitarbeitern sowie durch hausinterne Fortbildungsveranstaltungen mit teils externen Referenten wurde die Analysefähigkeit der Fachabteilungen weiter verbessert. Die Präventionseinheit „Kompetenzzentrum Rechtsextremismus“ (KOREX) wurde personell aufgestockt; die Präventionsmaßnahmen massiv ausgebaut. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 264 Präventionstermine hessenweit durchgeführt (2014: 127). Somit konnte die Anzahl der Termine in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt werden.
Ein deutlicher Schwerpunkt lag hierbei auch auf dem Phänomenbereich des Rechtsextremismus. In den letzten Jahren fanden zudem anlassbezogene Sensibilisierungen der hessischen Städte und Gemeinden sowie der Kirchen statt. Hintergrund waren Anmietungsversuche von kirchlichen bzw. kommunalen Einrichtungen durch Rechtsextremisten. Ebenso sensibilisierte das LfV in zahlreichen Gesprächen mit Landräten und Bürgermeistern in Hessen für potentielle extremistische Gefahren und unterstrich damit die erfolgte transparentere Ausrichtung des Nachrichtendienstes.
Besonderen Fokus auf Kampf gegen Rechtsextremismus gelegt
Die Hessische Landesregierung hat einen besonderen Schwerpunkt auf den Kampf gegen Rechtsextremismus gelegt. Ein augenscheinlicher Beleg dafür ist etwa das erfolgte Verbot des rechtsextremistischen Vereins „Sturm 18 e.V.“. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat mit Verfügung vom 27. Oktober 2015 den Verein „Sturm 18 e.V.“ verboten. Der Verein und seine Mitglieder waren Teil der rechtsextremistischen Szene in Kassel. Der Verbotsverfügung lagen umfangreiche Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz und der hessischen Polizei zugrunde. Es wurden annähernd 300 Straftaten der aktiven und ehemaligen Mitglieder auf eine Verbotsrelevanz geprüft.
Rechtsextremisten gezielt angesprochen
Angesichts zunehmender rechtsextremistischer Agitation und Fremdenfeindlichkeit gegen Flüchtlinge haben die hessischen Sicherheitsbehörden im Jahr 2016 als erste bundesweit mit sogenannten „Anklopf-Aktionen“ reagiert. Dabei haben Verfassungsschutz und Polizei hessenweit Rechtsextremisten gezielt und unabhängig von konkreten Straftaten angesprochen. Hintergrund waren zunehmende Anti-Asyl-Agitationen innerhalb der rechtsextremistischen Szene.
Sämtliche Mittel werden abgeschöpft
Die hessischen Sicherheitsbehörden betreiben darüber hinaus bereits seit Jahren einen sehr großen Aufwand und schöpfen sämtliche rechtlichen Mittel aus, um rechtsextremistische Konzerte in Hessen in Zusammenarbeit mit anderen Stellen zu verhindern. In den letzten Jahren ist es deshalb vielfach gelungen rechtsextremistische Konzertveranstaltungen in Hessen erfolgreich zu unterbinden und so der Szene, eine wesentliche Möglichkeit zur Agitation und Rekrutierung zu entziehen.
Landesregierung fördert Präventionsprojekte
Ergänzend zu den vielfältigen repressiven Maßnahmen der Sicherheitsorgane fördert die Landesregierung vielfältige zivilgesellschaftliche und staatliche Präventionsprojekte. Das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) im Hessischen Innenministerium unterstützt mit einem Gesamtvolumen von rund sechs Millionen Euro jährlich unterschiedlichste Präventionsmaßnahmen im Land. Mit dem „Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ und dem Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg als zentrale Koordinierungs-, Fach- und Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerks werden wesentliche zivilgesellschaftliche Akteure im Kampf gegen Rechtsextremismus in Hessen gefördert. pm, Quelle: Hessisches Innenministerium