Mit dem Ticket könnten viele Hemmnisse, die den Umstieg auf den ÖPNV behindern, auf einmal abgebaut werden. Der Pauschaltarif macht die Nutzung von Bus und Bahn unkompliziert - einfach ein- und aussteigen wo und wann man möchte, ohne sich mit komplizierten Tarifsystemen auseinandersetzen zu müssen.
Ein geringer Preis erhöhe zusätzlich die Attraktivität und bewegt mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV. In einem weiteren Ausbauschritt soll dann das 365-Euro-Ticket auf ein bundesweit gültiges "Blaues Ticket" ausgedehnt werden, mit dem für 365 Euro pro Jahr nicht nur Bahn, Bus und Straßenbahn in der jeweiligen Heimatstadt, sondern auch in anderen Städten und Verkehrsverbünden genutzt werden können.
Subventionen für Diesel und Dienstwagen abschaffen
Für die Finanzierung der mit der Einführung eines solchen Flatrate-Tickets verbundenen Mehrkosten, insbesondere für den Ausbau des in den vergangenen Jahren kaputtgesparten öffentlichen Personennahverkehrs, sollte die Subventionierung des Diesel-Kraftstoffs und das Steuerprivileg für klimaschädliche Dienstwagen vollständig abgeschafft und die freiwerdenden Mittel hierfür verwendet werden. Zusätzlich sollten die noch zu erhebenden Bußgelder der Autokonzerne von 5.000 Euro pro verkauftem Diesel-Pkw mit manipulierter Abgasreinigung zur Finanzierung des 365-Euro-Tickets verwendet werden.
Weichen für die Verkehrswende in den Städten stellen
Die DUH fordert die Mitglieder des am 18. Juli tagenden Klimakabinetts auf, die Weichen für die wirkliche Verkehrswende in den Städten zu stellen. Im ersten Schritt sollten sie sich für bundesweit einzuführende 365-Euro-Tickets aussprechen und die hierfür notwendige Finanzierung sicherstellen. Mit ihren Klagen für "Saubere Luft" und damit verbunden die Aussperrung schmutziger Diesel habe die DUH eine robuste und anhaltende Debatte über eine wirkliche Verkehrswende in unseren Städten ausgelöst.
Nur ein Tropfen auf den heißen Stein
Als Reaktion auf die Klagen habe die Bundesregierung immerhin 1,5 Milliarden für die besonders belasteten Regionen bereitgestellt. Aus diesem Topf finanzierten sich auch die ersten deutschen 365-Euro-Tickets in Reutlingen und Bonn. Das sei aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die kollektiven Verkehre seien in den letzten zehn Jahren regelrecht kaputtgespart und hingegen die Städte für immer größere und schmutzigere Autos umgebaut worden.
Berlin unterstützt die Forderung nach einem 365-Euro-Ticket
Wenn nicht nur in Reutlingen, Bonn und bald auch Berlin, sondern bundesweit für 1-Euro pro-Tag ein Jahres-Flatrate-Ticket für Bahn, Bus und Tram käme, könnte es geschafft werden, den Pkw-Verkehr in der Stadt massiv zurückzudrängen. Daher freue sich die DUH ganz besonders, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, die DUH-Forderung nach dem 365 Euro-Ticket unterstützt und auch die Dieselsubventionen zur Gegenfinanzierung vorschlage, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Komplizierte Tarifsysteme, die abschreckend teuer sind
Im öffentlichen Nahverkehr fehle es aktuell nicht nur an ausreichend intakten und modernen Fahrzeugen, um eine attraktive Taktung sicherzustellen. Das komplizierte, in jedem Verkehrsverbund grundsätzlich andere Tarifsystem, verbunden mit zum Teil abschreckend hohen Kosten für einzelne Tickets, schrecke viele Bürger zusätzlich ab, auf den ÖPNV umzusteigen.
Flutung der Innenstädte mit Mietwagen
Kritisch sieht die DUH die aktuelle Flutung der Innenstädte mit Free Floating Mietwagen sowie UBER-Fahrzeugen, die insbesondere von den Autokonzernen als Alternative zum ÖPNV und Taxen preisaggressiv angeboten werden. Diese Fehlentwicklungen würden weder dem Klima noch dabei helfen, die Anzahl an Fahrzeugen zu reduzieren und mehr Platz für die Menschen in den Städten zu schaffen. Die Städte müssten sich auf die Förderung und den Ausbau der klassischen kollektiven Verkehre Bus, Straßenbahn und S- und U-Bahn konzentrieren und mit dem 365-Euro-Ticket einen attraktiven Anreiz zum Umstieg bieten.
Ein Monatsticket kostet in Deutschland fast 80 Euro
In Deutschland koste ein Monatsticket für den ÖPNV im Schnitt 77,50 Euro. Auf das Jahr gerechnet komme man so auf 930 Euro. Das Ergebnis der für viele Bürger zu hohen Kosten: Der motorisierte Individualverkehr dominiert mit einem Anteil von etwa 76 Prozent weit vor dem Fußgänger-, Rad-, Schienen- und öffentlichen Straßenpersonenverkehr. Die Preise für Anschaffung und Unterhalt eines Autos seien nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2000 um 36 Prozent gestiegen. Die Preise für den öffentlichen Personennahverkehr im gleichen Zeitraum um 79 Prozent - ein deutlicher Ausdruck für die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte.
Abschaffung des Dienstwagenprivilegs ist notwendig
Die Bundesregierung müsse die Städte und Landkreise bei der Finanzierung der Verkehrswende und des 365-Euro-Tickets unterstützen. Durch die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs für klimaschädliche Fahrzeuge kommen bis zu fünf Milliarden Euro jährlich zusammen, weitere fast 10 Milliarden Euro durch die Beendigung der Dieselkraftstoffsubvention. Schließlich sei die Bundesregierung nach EU-Recht verpflichtet, der betrügerischen Automobilindustrie 5.000 Euro Geldbuße pro Diesel-Fahrzeug mit Abschalteinrichtung aufzuerlegen.
Einmalzahlungen an die Verkehrsverbünde
Allein durch die bisher nachgewiesenen 4,4 Millionen Fahrzeuge würden sich 22 Milliarden Euro ergeben. Einmalzahlung, die den Verkehrsverbünden für Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen eines Sofortprogramms zur Verfügung gestellt werden sollten. Durch diese Maßnahmen stünde für den ÖPNV genug Geld zur Verfügung und der Kostendruck von Kommunen und ÖPNV-Anbietern würde sich auflösen. Gleichzeitig ist genug Geld vorhanden, um einen beschleunigten Ausbau des ÖPNV zu ermöglichen - auch wenn die Ticketpreise fallen.
In deutschen Städten dominieren die Autos
Betrachtet man den Anteil von Bahn, Bus und Straßenbahn (ÖPNV) in deutschen Metropolen, so betrage dieser im Schnitt 20 Prozent. In deutschen Städten dominierten die Autos. Anders als in anderen europäischen Metropolen wo es gelungen sei, den motorisierten Individualverkehr deutlich auf bis zu 25 Prozent, wie in Zürich, zu reduzieren. Was sich in den Städten stark unterscheidet, sei der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr: hier erreichte Zürich 63 Prozent, Wien 37 Prozent, und Berlin 27 Prozent.
Die Vorteile des 365-Euro-Tickets haben schon einige Städte erkannt
Die Vorteile eines 365-Euro-Tickets hätten schon einige Städte erkannt. Bonn und Reutlingen hätten das 365 Euro-Ticket bereits mit positiver Zwischenbilanz eingeführt. In Berlin sei die Diskussion aktuell gestartet.
Das 365-Euro-Ticket habe dann Erfolg, wenn es wie in Wien dazu führe, dass parallel zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots der Autoverkehr insbesondere in den Innenstadtbereichen unattraktiver gemacht wird. Hierfür sei zwingend eine intelligente Parkraumbewirtschaftung mit Verknappung und Verteuerung des Parkraums für Pkw notwendig. pm, ots