Demnach gibt es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte - und damit fünf Mal mehr als angezeigt. Die Hochrechnung basiert auf der bislang größten Untersuchung zur Polizeigewalt in Deutschland unter Leitung des Kriminologen Professor Tobias Singelnstein an der Ruhruniversität Bochum.
An der Befragung nahmen mehr als 1000 Betroffene teil. "Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen," so Krimonologe Singelnstein gegenüber Kontraste und dem Spiegel.
Strafrechtliche Ahndung der Übergriffe kommt selten vor
Bislang war bekannt, dass es in Deutschland pro Jahr mindestens 2000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte gibt, die von den Staatsanwaltschaften bearbeitet werden. Strafrechtlich geahndet werden sie nur selten. Weniger als zwei Prozent der Fälle kommen vor Gericht, weniger als 1 Prozent enden mit einer Verurteilung, so Singelnstein. Oft stehe das Wort der Bürger gegen das der Beamten. Weitere Ergebnisse der Untersuchung sollen im September präsentiert werden.
Staatsanwaltschaften sind verantwortlich für geringe Aufklärungsquoten
Verantwortlich für die geringe Aufklärungsquote seien vor allem die Staatsanwaltschaften, die ihr Verhältnis zur Polizei nicht belasten wollten, sagt Singelnstein. Außerdem gebe es in den Staatsanwaltschaften die Grundannahme, dass Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt in der Regel unberechtigt seien. Das führe dazu, dass man eher selten Anklage erhebe. Das Erste sendet am Montag, den 29.07. um 21 Uhr 55 eine Dokumentation in der Sendereihe "Exclusiv im Ersten": Staatsgewalt - wenn Polizisten zu Tätern werden.
pm, ots