Nach Angaben des Interessenverbandes Tapa (Transported Asset Protection Association) richteten diese Gangster einen Schaden von jährlich 1,2 Milliarden Euro in Deutschland an. Unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten sei der Schaden sogar fünf bis acht Mal höher, da Lieferketten der Industrie durch die Diebstähle gekappt würden.
Auch in Hessen steht das Phänomen „Diebstähle von Lkw’s“ auf der Tagesordnung polizeilicher Ermittlungen. Besonders betroffen seien dabei die großen Transitautobahnen wie die A7, die A5 und die A4. Christian Stahl ist Sprecher des Polizeipräsidiums Osthessen und kennt die Zahlen. „Im vergangenen Jahr waren 603 Straftaten dieser Art in Hessen zu verzeichnen. Dabei handelte es sich in 306 Fällen um schwere Diebstähle. Die übrigen fielen unter die Straftatbestände des einfachen Diebstahls“, rechnet Stahl vor. Insgesamt sei bei diesen Delikten ein reiner „Sachwertschaden“ von rund 2,3 Millionen Euro entstanden. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 verzeichnete die hessische Polizei knapp 350 Fälle dieser Diebstähle mit einem Sachwertschaden von knapp 1,3 Millionen Euro.
Solche Fälle sind bei der Polizei keine unbekannte Größe
Aber nicht nur in Osthessen sind die Rastplatzräuber unterwegs. Auch bei Polizeipräsidium in Mittelhessen sind solche Fälle keine unbekannte Größe. „In unserem Zuständigkeitbereich haben wir 37 Fälle dieser Art zu verzeichnen“, sagt Präsidiumssprecher Jörg Reinemer. Schwerpunkt-„Einsatzgebiet“ der Diebe seien die A5-Rastplätze „Hegeberg“ und „Finkenwald“ in der Nähe von Grünberg gewesen. Wie wir erfuhren, hätten solche Fälle im Bereich der Frankfurter Autobahnen dagegen Seltenheitswert.
Die Täter machen einen Bogen um belebte Raststätten
Im Polizeijargon fallen diese Taten unter den Begriff „Ladungs- und Transportdiebstähle“. Bei ihren kriminellen Aktivitäten machen die Täter übrigens einen Bogen um belebte Raststätten. So würden diese beispielsweise die Raststätte „Wetterau“ an der A5 in der Nähe von Friedberg vermutlich nicht für ihre Diebestouren in Erwägung ziehen. Dort ist zu hell, zu belebt und am Ende noch videoüberwacht. Das sind dann alles „No-Goes“ für die Diebesbanden. „Die Täter suchen sich Rastplätze aus, die ein geringes Entdeckungsrisiko haben, unbeleuchtet sind und nicht überwacht werden“, so Polizei-Sprecher Stahl auf. Vollends zum Eldorado für die Täter würden diese Rastplätze, wenn diese außer der Autobahn noch andere Fluchtwege bieten, wie zum Beispiel einen Waldweg, der vom Rastplatz führt.
Das Diebesgut unter die Leute zu bringen, ist für die Diebe kein Problem
Ihr Diebesgut „unter die Leute“ zu bringen, sei für die Täter meist kein großes Problem, wissen Stahl und Reinemer. Hierzu gehörten zum Beispiel Internet-Vertriebskanäle wie zum Beispiel E-Bay oder die Aufkäufer von sogenannten Restposten, die nicht nach lange Fragen, woher die Ware stammt. Bei der „Ware“ achteten die Täter darauf, dass es sich um Massenware handele, deren Herkunft schlecht ermittelt werden könne. Bei hochwertiger Elektronik ließen die Täter eher Vorsicht walten, denn solche hochpreisigen Produkte, wie zum Beispiel Kaffeeautomaten, seien in der Regel mit einer Seriennummer versehen. Bei diesen Produkten könnte im Zweifelsfall die „Historie“ nachvollzogen werden, so die Polizeiexperten.
Ladungsdiebstähle sind bei Branchentreffen immer ein großes Thema
Domenico König ist Niederlassungsleiter der internationalen Spedition Heppner in Frankfurt. Für ihn sind Diebstähle von Lkw-Ladungen kein Buch mit sieben Siegeln. Er kennt sie von seinen früheren Tätigkeiten. Vor allem in Südfrankreich seien diese an der Tagesordnung gewesen, erinnert sich König. Aber auch bei seinen deutschen Kollegen seien Ladungsdiebstählen bei Branchentreffen immer ein großes Thema. Vor solcher Unbill wappnet sich König indem er zum Beispiel die Routen genau plant und auch vorab Parkplätze für seine Fahrer auf Raststätten reserviert.
Die Aufklärungsquote bei diesen Delikten ist gering
Das kann durchaus ratsam sein, denn die Aufklärungsquote bei solchen Delikten ist durchaus gering, sie liegt nämlich lediglich bei 15 Prozent. Polizeisprecher Stahl kennt die Gründe. „Die Taten werden in der Regel in den Nachtstunden zwischen 23 und 5 Uhr begangen. In dieser Zeit sind die Fahrer im Tiefschlaf und hörten nicht, wenn sich Diebe an ihrem Lkw zu schaffen machen“, so Stahl. Wenn die Fahrer den Diebstahl dann schließlich bemerkten, seien die Täter dann schon in der Regel zwischen drei und vier Stunden über alle Berge. Die Beweissicherung werde ebenfalls erschwert, dass die Diebe mit Handschuhen ihre Taten ausführten und die Lkw-Planen meistens so verdreckt seien, dass hier die Spurensuche in der Regel auch ergebnislos verliefe. Wenn einmal eine Diebesbande ausgehoben wurde, seien die Täter Osteuropäer gewesen. Vor diesem Hintergrund ist Prävention für die Polizei ein großes Thema. An erster Stelle steht natürlich die (Streifen)Präsenz an den potenziellen Tatorten. Darüber hinaus setzt die Polizei auf Aufklärung. Und die richtet sich sowohl an die Speditionsunternehmer als auch an die Fahrer. mei