"Im Ergebnis handelt es sich um eine Steuererhöhung für Spitzenverdiener, die in der Abschaffung des Soli versteckt wird, weil Politiker es vermeiden - gerade im Wahlkampf - das Wort "Steuererhöhung" in den Mund zu nehmen. Das könnte Wählerstimmen kosten. Lieber geht die Regierung das Risiko ein, Verfassungsklagen zu kassieren", sagte der stellvertretende Leiter der ifo-Niederlassung Dresden dem MDR-Magazin "Umschau".
Nach Einschätzung verschiedener Rechtsexperten widerspräche es dem Grundgesetz, wenn die als vorübergehend angekündigte Zusatzbelastung für einen kleinen Teil der Steuerzahler dauerhaft beibehalten werde.
Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle
Für Ragnitz wäre eine juristisch saubere und politisch ehrliche Lösung die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für alle und die Anhebung des Spitzensatzes bei der Einkommenssteuer. Aus der Sicht des Ökonomen gibt es für die Politiker neben Wahlkampf-Gründen noch eine weitere aktuelle Motivation: "Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe. Die bekommt der Bund allein. Kommen die Abgaben der Spitzenverdiener nicht als Soli sondern als Einkommensteuer, dann müsste sich der Bund die Einnahmen mit Ländern und Kommunen teilen. So sieht es das Gesetz vor", erklärt Ragnitz.
CDU hat sich auf komplette Streichung des Soli festgelegt
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte Mitte Juli 2019 vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler komplett zu streichen. Für weitere 6,5 Prozent soll er teilweise wegfallen. Die Union hat den Plan als guten ersten Schritt begrüßt. Beide Parteien hatten sich im Koalitionsvertrag auf Entlastungen beim Soli für "rund 90 Prozent" der Steuerzahler geeinigt, nicht aber für die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher. Die CDU hatte sich auf ihrem Parteitag Ende 2018 allerdings auf die Forderung nach einer kompletten Streichung des Soli festgelegt. pm, ots