Nur wenige Länder auf der Welt haben es zu höherem Wohlstand gebracht. Deutschland könne eine große Zufriedenheit der Bevölkerung mit ihren Lebensumständen verzeichnen und liege im Jahr 2017 mit seinem Pro-Kopf-BIP weltweit an achtzehnter Stelle von fast 200 Staaten.
Aber es gebe auch erhebliche Kritik an den wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland, die eine Gefährdung des Wachstums durch zu hohe Abgaben befürchteten. Weiter gebe es eine Diskussion um die gestiegenen Einkommensunterschiede und Forderungen nach einer stärkeren Umverteilung. Zudem würden Reformen angemahnt, um die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern.
Ökologisch nachhaltig das Wachstum stärken
"Die Kritik ist gerechtfertigt, wo der Reformbedarf drängt. Wir müssen mehr tun, um ökologisch nachhaltig das Wachstum zu stärken, und wir müssen wachsenden Einkommensunterschieden durch mehr Chancengleichheit im Bildungssystem und Stärkung strukturschwacher Regionen entgegen wirken. Dennoch gilt es zu betonen, dass mit sozialer Marktwirtschaft seit 1950 eine Versechsfachung des allgemeinen Wohlstands in Deutschland stattgefunden hat ", sagt Studienautor Martin Müller, Deutschlandexperte im Research der KfW Bankengruppe.
Die zentralen Ergebnisse der Studie
- Keine Hemmung der unternehmerischen Initiative allein durch hohe Steuern und Sozialabgaben Allein durch eine hohe Abgabenquote lässt sich eine Hemmung von unternehmerischer Initiative und Wirtschaftswachstum nicht belegen. Die Steuer- und Abgabenquote lag 2018 bei 40,5 % des Bruttoinlandsprodukts, der höchste Stand seit dem Jahr 2000. Deutschland liegt damit aber nur im Mittelfeld der Industrieländer. Sowohl Industrieländer mit niedrigen Abgabenquoten als auch solche mit relativ hohen sind sehr erfolgreich.
- Sozialer Ausgleich kommt in Deutschland nicht zu kurz Dank konsequenter Arbeitsmarktreformen hat Deutschland die zweitniedrigste Arbeitslosenquote in der EU. Die Unterschiede zwischen den Markteinkommen haben zwar zugenommen, aber die Umverteilung halbiert sie nahezu. Nur in wenigen Industrieländern sind die Einkommen gleicher verteilt als in Deutschland. Die Ausgaben für Soziale Sicherung sind in Deutschland seit 1991 auf ein Rekordhoch gestiegen. Nur zwei EU-Länder gewähren pro Kopf der Bevölkerung höhere Sozialleistungen.
In Deutschland gibt es die Möglichkeit, wirtschaftlich aufzusteigen
Die Vermögensunterschiede in Deutschland seien hoch. Aber jeder Gutverdiener könne mit Sparsamkeit und guter Geldanlage zu den vermögendsten zehn Prozent der Bevölkerung aufsteigen. Das zeige die Studie anhand von Analysen der Deutschen Bundesbank und des IAB. Die Unterschiede reduzierten sich zudem erheblich, wenn man Rentenansprüche berücksichtige und nach Lebensalter differenziert. "Dennoch gibt es sozialpolitischen Handlungsbedarf. Es müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um Vollbeschäftigung zu erreichen, und in Ballungsregionen muss Wohnraum für Gering- und Mittelverdiener bezahlbar gehalten werden," sagt Martin Müller.
Rufe nach weitreichenden Reformen in Deutschland gerechtfertigt Reformbedarf ergibt sich aktuell weniger aus der Abgabenhöhe oder der sozialen Lage. Er resultiert vielmehr aus vier drängenden Herausforderungen:
- Sicherung des Arbeitskräftepotenzials gegen die demografische Entwicklung Das Erwerbspersonenpotenzial dürfte ohne Gegenmaßnahmen bis 2040 um bis zu 4,6 Millionen Erwerbspersonen schrumpfen. Die zu befürchtenden Folgen wären ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, wachsende Lücken im Güter- und Dienstleistungsangebot und zunehmende Verteilungskonflikte.
- Stärkung des Zusammenhalts der EU und Bemühen um Kooperation im Welthandel Die EU muss dringend Investitionen und Innovationen stärken, Staatsfinanzen und Bankensektor konsolidieren. Erforderlich ist auch der Einsatz für geordneten freien Welthandel unter Mitwirkung der USA und China. Doch sollten Deutschland und die EU in Konflikten ihre legitimen Interessen wahren.
- Die Digitalisierung erfolgreich voranbringen Deutschland muss bei der Digitalisierung seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, da sie alle Wirtschafsbereiche durchdringt. Zudem birgt Digitalisierung die Chance, über technischen Fortschritt den Fachkräftemangel einzudämmen. Auch ländliche Regionen müssen mit wettbewerbsfähiger digitaler Infrastruktur ausgestattet werden, da sie sonst den Anschluss verlieren.
- Energiewende und ökologisch nachhaltiges Wachstum Nach anfangs beachtlichen Erfolgen stockt seit 2009 der Rückgang der CO2-Emissionen in Deutschland. Es bedarf daher dringend weiterer Impulse. Für wirksamen Klimaschutz muss die Wende aber weltweit gelingen. Dafür müssen wettbewerbsfähige CO2-Vermeidungstechnologien die treibhausgasintensiven Technologien global verdrängen. Deutschland und andere Staaten der Klimaallianz können diese Technologien voranbringen. Die Deckung des weltweiten Bedarfs stellt auch für Deutschland eine große wirtschaftliche Chance dar. Wirksame Preise für den CO2-Ausstoß können einen volkswirtschaftlich kosteneffizienten Beitrag dazu leisten. pm, ots, mei