Benno Hafeneger und Hannah Jestädt, Extremismusforscher der Universität Marburg, haben jetzt die Aktivitäten der Fraktion und ihr Verhalten im Hessischen Landtag bis zur Sommerpause im Juni 2019 untersucht und beobachtet. Dazu hätte die Auswertung von 38 Anträgen und 80 Kleinen Anfragen, von Debattenbeiträgen in Aktuellen Stunden sowie Beobachtungen von Plenarsitzungen gezählt.
Die Parlamentsstudie verstehen die Wissenschaftler als einen Zwischenbericht der zeige, dass die AfD mit einer Vielzahl von Anträgen und Anträgen durchaus ein breites Themenspektrum aufgegriffen habe.
„Dabei stehen Anfragen und Anträge zu Migration, Asyl und Flüchtlingen im Mittelpunkt. Dies ist das Schlüsselthema der AfD, bei dem es wiederholt um Kosten, Kriminalität oder Ehegattennachzug, Krankheiten und Herkunftsländer sowie sichere Herkunftsländer geht“, sagt Hafeneger Weiter gehe es der AfD um Fragen der Inneren Sicherheit, aus Wirtschaft und Verkehr, Umwelt und Natur. Hier leugne die Partei den menschengemachten Klimawandel und die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen.
Die Bundeswehr wird von der AfD gelobt
Gefragt werde nach der angeblichen „Gefährdungslage durch Linksextremismus an Schulen“, und dem unterstellten „besorgniserregenden Trend gegen die Meinungsfreiheit an der Goethe-Universität“, dann um „Gewalt an Schulen“ oder wiederholt um Gender und Sprache. Hier wolle die AfD den „Gender-Unfug“ und die Genderforschung an Hochschulen abschaffen; sie wolle zurück zu einer „normalen Sprache“. Weiter werde die Bundeswehr gelobt und begrüßt, „dass Jugendoffiziere an hessischen Schulen“ informierten. Gefragt werde weiter nach der Förderung von – der AfD missliebigen - künstlerischen Projekten oder dem Unterrichtsausfall im Rahmen der Fridays-for-Future- Bewegung.
Die Anfragen haben einen "Subtext"
Vielfach, so die Wissenschaftler weiter, seien die Anfragen und Anträge mehr in sachlich-technischer und wenig aggressiver Diktion formuliert, aber sie hätten „zugleich einen Subtext“. Sie seien mit „Unterstellungen, Vermutungen und vermeintlichen Problemen verbunden“, sollten Stimmungen erzeugen, angebliche gefährliche Entwicklungen und Untergangsszenarien sowie das Versagen der Landespolitik aufzeigen. Die AfD-Fraktion geriere sich als „fleißig“ und „Kümmerer“, die – vielfach mit langen Fragekatalogen - angeblich die Themen und Fragen der „kleinen Leute“ aufnehme.
Redebeiträge werden unterschiedlich vorgetragen
„Wiederholt will sie mit ihren vermeintlich kritischen Anfragen Informationen über ihr missliebige Träger, engagierte Akteure und deren Aktivitäten. Hier ist die Absicht, diese mit einem unterstellenden und vermuteten Fragemodus öffentlich in Frage zu stellen, zu skandalisieren und auch zu delegitimieren“, sagt Jestädt.
Die Redebeiträge der AfD-Abgeordneten variierten, mal seien sie mehr sachlich gehalten, mal würden sie mehr populistisch-aggressiv, teilweise auch lustlos, wenig schlagfertig und inspiriert vorgetragen. Dabei gehörten Entgleisungen, Provokationen und Grenzüberschreitungen von einzelnen Abgeordneten immer auch zu ihrem Kalkül. Die Inhalte und Rhetorik zeigten vor allem bei ihren Themenkernen wiederholt, wohin die AfD die Republik und Demokratie verändern wolle, „nämlich in Richtung einer illiberalen, autoritären Politik“. Kulturelle und politische Rechte und Handlungsspielräume von Trägern der Zivilgesellschaft sollten eingeschränkt werden, in der Schule und Hochschule sollte „Neutralität“ herrschen. Angefragt, problematisiert und in Frage gestellt erde die Förderung von demokratiepolitischem und emanzipatorischem Engagement in der Gesellschaft.
Die Fraktionsführung sucht nach Anerkennung
Vor allem die Fraktionsführung suche nach Anerkennung, Normalisierung und auch Kontakt zu anderen Fraktionen. AfD-Abgeordnete spendeten vor allem dann Beifall, wenn es gegen die SPD, Linke oder Grünen gehe; sie stimmen mal den Anträgen der FDP zu oder enthielten sich bei einem Antrag der Regierungsparteien.
„Das Interesse der Fraktionsführung ist, die AfD – im Unterschied zu anderen Landtagsfraktionen - mehr als konservativ-bürgerlich darzustellen, sich angepasst und korrekt zu verhalten sowie den parlamentarischen Spielregeln anzupassen“, so Hafeneger. Nach außen sei keine Zerstrittenheit zu erkennen. Der Fraktionsvorsitzende sei hier der zentrale und orientierende Akteur, der versucht die Fraktion zusammenzuhalten. Dass es ihm nicht immer gelinge, die unterschiedlichen Strömungen, die es in der Fraktion gebe, zusammenzuhalten, zeige beispielhaft die Feierstunde „70 Jahre Grundgesetz“ am 23. Mai. Der Rede des Präsidenten des Hessischen Staatsgerichtshofes spendeten drei Abgeordnete der AfD keinen Beifall, und sie blieben demonstrativ mit ignoranter Haltung sitzen; andere hätten sich nach kurzer Zeit wieder gesetzt.
Im Umgang mit der AfD beschränken sich die anderen Parteien auf das Nötigste
Der Umgang aller Parteien mit der AfD könne als distanziert und formal korrekt charakterisiert werden. Er beschränkte sich auf das Nötigste und inhaltliche, zum Teil auch harte Auseinandersetzungen, so Jestädt. „Insgesamt und im Vergleich zu anderen Landtagsfraktionen haben wir es in Hessen derzeit weniger mit einem „bewegungsorientierten“ als mit einem mehr „parlamentsorientierten“ Fraktionstypus zu tun, der zwischen sachlich-moderat und aggressiv-populistisch agiert“, bilanziert Hafeneger die Ergebnisse der Studie. Dabei nutzten AfD-Abgeordnete das Parlament immer auch als Bühne und Gelegenheit für ihre populistischen Botschaften und versuchten die politische Kultur – mit ihren Themen, ihrer Rhetorik und ihren Deutungen - zu beeinflussen. mei
English version
The AfD received 13.1 percent of the second votes cast in the Hessian state elections. The party now has 18 deputies in the Hessian state parliament, one deputy was expelled from the faction on suspicion of spreading right-wing extremist ideas.
Benno Hafeneger and Hannah Jestädt, extremism researchers at the University of Marburg, have now investigated and observed the activities of the parliamentary group and its behaviour in the Hessian parliament until the summer break in June 2019. This would have included the evaluation of 38 motions and 80 small questions, contributions to debates in Current Hours and observations from plenary sessions.
The scientists see the parliamentary study as an interim report which shows that the AfD has taken up a wide range of topics with a large number of motions and motions.
"The focus is on questions and applications concerning migration, asylum and refugees. This is the key topic of the AfD, which repeatedly deals with costs, crime or spouse reunification, diseases and countries of origin as well as safe countries of origin," says Hafeneger. Here the party denies man-made climate change and the effectiveness of climate protection measures.
The AfD praises the Bundeswehr
The questions were about the alleged "danger posed by left-wing extremism in schools" and the alleged "worrying trend against freedom of expression at Goethe University", then about "violence in schools" or repeatedly about gender and language. Here the AfD wanted to abolish "gender nonsense" and gender research at universities; it wanted to return to a "normal language". Furthermore, the Bundeswehr was praised and welcomed for "informing youth officers at Hessian schools". The question of support for artistic projects - which are unpopular with the AfD - or the cancellation of lessons as part of the Fridays-for-Future movement was also raised.
The requests have a "subtext
In many cases, according to the scientists, the inquiries and proposals are formulated more in factual-technical and less aggressive diction, but they have "at the same time a subtext". They are associated with "insinuations, suppositions and supposed problems", should create moods, point out alleged dangerous developments and doom scenarios as well as the failure of state politics. The AfD faction was seen as "diligent" and "worrier", who - often with long questionnaires - allegedly took up the topics and questions of the "small people".
Speeches are presented in different ways
"With her supposedly critical inquiries, she repeatedly seeks information about her unpopular sponsors, committed actors and their activities. Here the intention is to publicly question, scandalise and also delegitimise these with an assumed and presumed mode of questioning", says Jestädt.
The speeches of the AfD delegates varied, sometimes they were more objective, sometimes they were more populist-aggressive, sometimes also listless, less quick-witted and inspired. Derailments, provocations and border crossings by individual members of parliament are always part of their calculations. The content and rhetoric, especially in its core themes, repeatedly showed where the AfD wanted to change the republic and democracy, "namely in the direction of an illiberal, authoritarian policy". The cultural and political rights and room for manoeuvre of civil society organisations should be restricted, and "neutrality" should prevail in schools and universities. The promotion of democratic-political and emancipatory commitment in society should be inquired about, problematized and questioned.
The political group leadership is looking for recognition
Above all, the leadership of the political groups was looking for recognition, normalisation and also contact with other political groups. AfD MPs applaud the SPD, the Left and the Greens in particular when they oppose the FDP's motions or abstain from voting on a motion by the governing parties.
"The interest of the parliamentary group leadership is to present the AfD - in contrast to other parliamentary groups in the state parliament - as more conservative and bourgeois, to adapt and behave correctly and to adapt to the parliamentary rules of the game," said Hafeneger. There was no discord in the public eye. The leader of the parliamentary group is the central and orienting actor who tries to keep the group together. The fact that he did not always succeed in keeping together the different currents that existed in the faction was demonstrated by the celebration of the 70th anniversary of the Basic Law on 23 May. Three AfD deputies did not applaud the speech of the President of the Hessian State Court, and they remained demonstratively seated with an ignorant attitude; others had sat down again after a short time.
In their dealings with the AfD, the other parties confined themselves to the bare essentials
The dealings of all parties with the AfD could be characterized as distanced and formally correct. Overall and in comparison to other state parliamentary factions, we currently have less to do with a "movement-oriented" faction type in Hesse than with a more "parliament-oriented" one, which acts between objective-moderate and aggressive-populist," Hafeneger sums up the results of the study. AfD MPs always used the parliament as a stage and opportunity for their populist messages and tried to influence the political culture - with its themes, its rhetoric and its interpretations. mei