Das sind die Folgen der lockeren Geldpolitik der EZB

Nach Ansicht von Jürgen Michels, BayernLB, hat die ultralockere Geldpolitik der EZB und anderer Zentralbanken einen maßgeblichen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung nach der globalen Finanzkrise und der darauffolgenden Staatsschuldenkrise im Euroraum geleistet.

 

Mit zunehmender Dauer der Maßnahmen nehmen aber die negativen Auswirkungen überhand.

Gunther Schnabl, Universität Leipzig, schätzt die Verteilungseffekte der Geldpolitik aus gesellschaftlicher Sicht als bedenklich ein. Vor allem die Mittelschicht leide unter der Entwertung der Ersparnisse und geringen realen Lohnzuwächsen. Die Allokation der Ressourcen sei nicht mehr an Leistung gebunden, und die Größe des Vermögens hänge vor allem von der EZB ab. Das erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen die gegebene Ordnung als ungerecht empfinden und sich von etablierten Parteien abwenden.

 

Geldpolitik hat ihre Anreizpolitik verloren

 

Helmut Schleweis, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., sieht durch die dauerhafte expansive Geldpolitik »mehr Schaden als Nutzen« entstehen. Durch die Übertreibungen der letzten Jahre habe die Geldpolitik ihre Anreizfunktion verloren. Von der Entwicklung in Japan könne man lernen, dass eine langjährige Geldschwemme wirtschaftliche Dynamik ersticke, die Stabilität des Finanzsystems gefährde und zu deutlich höheren Preisen für Bankdienstleistungen führe.

 

Ein Überangebot an Kapital am Markt

 

Nach Ansicht von Dominik Löber, Roland Berger GmbH, sind Niedrigzinsen weder ein europäisches Problem noch von Zentralbanken verursacht. Die Gründe für das Absinken des Realzinses seien eher ein Überangebot an Kapital im Markt und ein geringes Produktivitätswachstum. Während das Angebot an Kapital steige, bleibe die Nachfrage zurück. Um gute Renditen zu erzielen, seien Innovationen nötig. Doch die Entwicklung von technologischen Innovationen bleibe seit Längerem hinter den Erwartungen zurück.

 

Schuldner sind Gewinner des Niedrigzinses

 

Michael Menhart, Munich Re, sieht vor allem die staatlichen und privatwirtschaftlichen Schuldner aktuell als Gewinner des Niedrigzinsumfeldes. Während Banken, Versicherungen und auch große Teile der Mittelschicht, die kein nennenswertes Aktien- und Immobilienvermögen besitzen, zu den Verlierern gehörten. Die Risiken steigen aber für alle.

 

Peripherieländer profitieren nicht wie erwartet

 

Ansgar Belke, Universität Duisburg-Essen, und Daniel Gros, CEPS, Brüssel, fragen nach den Gewinnern des Quantitative Easing im Euroraum und kommen zu dem Ergebnis, dass die Peripherieländer nicht in dem Umfang "Gewinner" der Niedrigzinspolitik der EZB sind, wie von ihr intendiert. pm, ifo

 

English version

 

Savers, companies, insurance companies and the state budget must be prepared for low or even negative long-term interest rates. What are the consequences of the European Central Bank's ultra-loose monetary policy? Is Europe threatened by low interest rates and a glut of Japanese money?

 

According to Jürgen Michels of BayernLB, the ECB's and other central banks' ultra-looser monetary policy has made a significant contribution to economic recovery in the wake of the global financial crisis and the subsequent sovereign debt crisis in the euro area.

 

The longer the measures last, the greater the negative impact

 

Gunther Schnabl, University of Leipzig, considers the distributional effects of monetary policy to be questionable from a social point of view. The middle class in particular is suffering from the devaluation of savings and low real wage increases. The allocation of resources was no longer tied to performance, and the size of assets depended above all on the ECB. This increases the probability that people will perceive the given order as unjust and turn away from established parties.

 

Monetary policy has lost its incentive policy

 

Helmut Schleweis, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. (German Savings Banks and Giro Association), sees "more harm than good" arising from the permanent expansive monetary policy. Monetary policy has lost its incentive function as a result of the exaggerations of recent years. One could learn from the development in Japan that a long-term money glut is stifling economic dynamism, endangering the stability of the financial system and leading to significantly higher prices for banking services.

 

An oversupply of capital on the market

 

According to Dominik Löber, Roland Berger GmbH, low interest rates are neither a European problem nor caused by central banks. The reasons for the fall in the real interest rate are rather an oversupply of capital in the market and low productivity growth. While the supply of capital is increasing, demand is lagging behind. In order to achieve good returns, innovations are necessary. However, the development of technological innovations has been lagging behind expectations for some time now.

 

Debtors are winners of the low interest rate

 

Michael Menhart, Munich Re, sees government and private debtors in particular as winners in the low-interest environment. While banks, insurance companies and large sections of the middle class, which have no significant equity or real estate assets, were among the losers. But the risks are rising for everyone.

 

Peripheral countries do not benefit as expected

 

Ansgar Belke, University of Duisburg-Essen, and Daniel Gros, CEPS, Brussels, ask about the winners of quantitative easing in the euro area and come to the conclusion that the peripheral countries are not "winners" of the ECB's low-interest policy to the extent intended by it. pm, ifo, mei