An manchen Tagen versteht Gerd Unglauben die Welt nicht mehr. „Es hält sich seit Jahren das hartnäckige Gerücht, dass die Post an Montagen keine Briefe und Pakete zustellt“, sagt der Zusteller aus Wehrheim und schüttelt seinen Kopf. „Das geht so weit, dass viele meiner Kunden das auch dann noch glauben, wenn ich ihnen montags ihre Post in die Hand drücke“.
Jetzt muss Unglauben selbst über seinen gelungenen Witz schmunzeln, genau wie seine beiden Kollegen neben ihm, die an diesem Montag um 8 Uhr im Neu-Anspacher Zustellstützpunkt der Post ihre Briefe und Pakete für die in eineinhalb Stunden beginnende Tour sortieren.
Nicht wenige sind felsenfest davon überzeugt, dass die Post seit Jahren an Montagen keine Post mehr zustellt. Grund genug einmal die Probe auf das Exempel zu machen. Als der Reporter den Neu-Anspacher Zustellstützpunkt der Post am besagten Montag dieser Woche zu Dienstbeginn um 8 Uhr betritt, herrscht geschäftiges Treiben. Rund 80 Mitarbeiter sind im „leichten Laufschritt“ unterwegs und beginnen, ihre Briefe in die Fächer ihres Bezirks zu sortieren oder füllen schon einmal Rollbehälter mit Paketen auf, die heute noch beim Kunden zugestellt werden.
Montags wird deutlich weniger Post zugestellt
Das montags deutlich weniger Post zugestellt wird, als an den übrigen Tag, weiß Unglauben. „Am Samstag und am Sonntag wird halt deutlich weniger Post aufgegeben“, sagt der 59-Jährige, der seit rund 30 Jahren als Zusteller für die Post arbeitet und dessen Bezirke sich aktuell in der Gemeinde Wehrheim und den dazugehörigen Ortsteilen Pfaffenwiesbach und Friedrichtal befinden. Unglauben kennt nicht nur seinen Bezirk bestens. Auch über die besonderen „Eigenheiten“ des einen oder anderen Kunden hat Unglauben sich im Laufe der Jahre „gute Kenntnisse“ angeeignet. So weiß er zum Beispiel, wer auch am frühen Vormittag schon die Post entgegennimmt und bei wem er ohne Probleme mal ein Paket für den Nachbarn abgeben kann.
Täglich 6000 Pakete und 41.000 Briefsendungen
Apropos Pakete: Am Zustellstützpunkt Neu-Anspach werden durchschnittlich am Tag 6000 Paketsendungen bearbeitet. Hinzu kommen noch 41.000 Briefsendungen, rechnet Stefan Heß, Sprecher der Post für die Region Frankfurt, vor. Vom Zustellstützpunkt aus betreuen die 80 Mitarbeiter die Kommunen Neu-Anspach, Wehrheim, Weilrod, Schmitten, Grävenwiesbach und Usingen. Und das an allen Werktagen, wie Heß betont.
Bearbeitung über das Wochenendnetz
Das „Problem Montagszustellung“ kennt Heß nach eigenem Bekunden schon seit langen Jahren. Dass es montags weniger Post zu verteilen gibt, erklärt er: „Generell ist das Sendungsvolumen an diesem Tag deutlich geringer. Es entspricht nur rund zwei Prozent der wöchentlichen Sendungsmenge, da in erster Linie Privatpost und Zeitungen montags in die Zustellung gelangten“, so Heß weiter. Generell sei am Wochenende auch das Geschäftspostvolumen dagegen deutlich geringer als an den übrigen Wochentagen. Die überwiegend am Samstag über Filialen und direkt ins Briefzentrum eingelieferten Sendungsmengen würden aber über das Wochenendnetz bearbeitet und in „die Zielgebiete abgeleitet“ und diese am folgenden Montag zugestellt.
Anderer Zuschnitt für die Bezirke an Montagen
„Auf diese deutlich geringere Sendungsmenge reagieren wir personell und betrieblich je nach tatsächlich vorliegender Sendungsmenge. Das kann, dort wo es an diesem Tag Sinn macht, durchaus dazu führen, dass wir zum Beispiel Zustellbezirke aufgrund der geringeren Sendungsmenge zusammenlegen“, so Heß weiter. Das ändere aber nichts daran, dass die Post montags ganz regulär zustelle, auch wenn der Zuschnitt der Bezirke gegebenenfalls von den sonstigen Wochentagen abweiche. Gerd Unglauben kennt diese Situation. Auch er betreut an diesem Montag zwei Bezirke. „Es macht bei dem geringen Sendungsaufkommen an diesem Tag keinen Sinn, dass zwei Kollegen in der Zustellung sind“, sagt er. Die „Arbeitsteilung“ sieht an Montagen dann so aus, dass ein Kollege in zwei Bezirken zustellt und der andere einen freien Tag hat.
Die Wochenendpost meistens schon am Samstag beim Kunden
Wie die Montage von der Zustellung „entlastet“ werden, führt Heß auf die sogenannte „E+1-Laufzeit“ zurück – „heute eingeliefert und bereits am nächsten Werktag zugestellt“ – so das Versprechen der Post. Diese „Vorgabe“ habe vor allem aufgrund der technisierten Briefsortierung kontinuierlich verbessert werden können. „Heute erreichen etwa 94 Prozent aller Inlandsbriefe bereits nach einem Tag ihre Empfänger“, so Heß. Das bedeute auch, dass Briefe, die früher freitags aufgegeben wurden, mit höherer Wahrscheinlichkeit erst montags in der Zustellung waren. Heute würden die freitags eingelieferten Briefe aber in aller Regel bereits samstags zugestellt. Das sollte die Kunden doch freuen, sagt Gerd Unglauben und klingelt an der nächsten Tür, um ein Paket beim Kunden abzugeben – an einem Montag. mei