Deutsche Autoindustrie wird in der Coronakrise 100.000 Arbeitsplätze verlieren

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Die deutsche und internationale Autoindustrie in der Corona-Krise
Grafiken und Tabellen zur Autoindustrie
Artikel-03-20-Corona-Übertkapazität BRD.
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Unter einem pessimistischen Szenario erwarten wir lediglich 3,4 Millionen Fahr-zeuge, sprich einen Überkapazität von 1,7 Millionen Fahrzeuge. Das wäre die niedrigste Inlandsproduktion seit dem Jahre 2000. 

 

Im Zeitraum 2000 bis 2019 wurden in Deutschland im Durchschnitt 5,4 Mio. Pkw produziert. Bereits 2008 und 2019 waren sehr schlechte Produktionsjahre in Deutschland. Produktionskapazitäten wurden in den letzten Jahren von einigen Autobauer, wie etwa Ford und Opel, in Deutschland abgebaut. Vergleicht man jetzt nicht den Durchschnitt der letzten 19 Jahren mit der Prognose für 2020, sondern den schlechteren 2018 Wert von 5,1 Millionen produzierten PKW, ergibt sich die Überkapazität von 3,8 Millionen Fahrzeugen. Bezogen auf die Produktion des Jahres 2018 liegt damit 25% der Produktionskapazität im Jahre 2020 brach.

 

Nachfrage nach deutschen Autos wird belastet

 

Ausgangspunkt sind dabei die Pkw-Exporte aus Deutschland in verschiedene Länder, jeweils unter der Prämisse, dass durch Corona die Nachfrage nach deutschen Autos spürbar belastet wird. Unterstellt wird, dass die Nachfrage nach in den BRD-produzierten Fahrzeugen im Jahr 2020 um 15% sinkt. Diese ist angesichts der Corona-Krise eine eher vorsichtige und konservative Annahme.

 

Autobauer müssen eine Millionen Fahrzeuge im Inland verkaufen

 

Damit werden noch 1.000.000 in Deutschland produzierte Pkw für den Inlandsmarkt „benötigt“.

So rechnen wir für Italien mit einem Rückgang der deutschen Exporte um 30%. Auch dies ist nach unserer Einschätzung bei der derzeitigen Lage in Italien eher eine konservative, sehr optimistische Annahme. Gemäß diesem Muster werden für die verschiedene

 

 

Pessimistisches Szenario

 

Unter einem pessimistischen Szenario, sprich der weiteren schnellen Verbreitung des Virus weltweit ausser China werden nach unserer Prognose nur 3,4 Millionen Pkw im Jahre 2020 in Deutschland produziert. Damit beträgt die Überkapazität in der deutschen Pkw-Produktion 1,7 Millionen Pkw oder 34%. Der Grund sind nicht Probleme in den Lieferketten, sondern ganz klar die fehlende Nachfrage. Corona stellt die Autoindustrie damit nicht vor ein Lieferketten-Problem, sondern vor ein gravierendes, längerfristiges Nachfrageproblem.

 

Die langfristige Entwicklung

 

Von großer Bedeutung für die Vorhaltung von Produktionskapazität ist die längerfristige Entwicklung der Exporte. Nicht genutzte Produktionskapazitäten länger als 3 oder 4 Jahre vorzuhalten macht wenig Sinn. Zu groß ist das betriebswirtschaftliche Risiko, dass danach weiter mit Verlusten gearbeitet werden muß. Also macht es aus betriebswirtschaftlichem Kalkül Sinn, Kapazitäten anzupassen. Alle Manager der Autoindustrie sind dazu gezwungen, wenn sie ihren Job nicht verlieren wollen. Das Argument zeigt, dass Kurzarbeitergeld für kurze Perioden eine vernünftige Brücke ist, aber keineswegs Zeiträume von mehr als 3 Jahre überbrücken kann.

Wie sind jetzt die Chancen der Erholung der weltweiten Automärkte nach dem Jahr 2020? Eine Einschätzung dazu erlauben die BIP-Wachstumsraten der letzten neun Jahre, sprich nach dem Lehman-Pleite Crash im Jahre 2009.

 

Internet-Ökonomie sorgte in den USA für Wachstum

 

Die US-Wirtschaft ist nach der Lehman-Krise mit relativ hohen Wachstumsraten von im Schnitt 3,8% pro Jahr gewachsen ist. Der Einbruch des BIP um 15% im Jahr 2020 wäre damit nach gut 5 Jahre wieder „aufgeholt“. Ein Teil der hohen US-Wachstumsraten sind allerdings auch die Ergebnisse der kalifornischen Internet-Ökonomie mit Google, Apple und anderen Unternehmen. Ohne die Innovationen aus Silicon Valley wäre die US-Wirtschaft deutlich langsamer gewachsen. Aus heutigere Sicht sind ähnliche Entwicklungen für USA weniger erkennbar. Wenn, gilt dies eher für China. Zusätzlich muss man mit deutlich höherem Einbruch des US-BIP im Jahre 2020 mit der Corona-Krise rechnen. USA wird neues Epizentrum der Corona-Krise. Also wären auch im besten Falle bei USA eher 8 Jahre oder 10 Jahre notwendig, um Anschluss an das Jahr 2019 zu finden.

 

Wachstumsprobleme in Europa nach der Lehman-Krise

 

Deutlich schwieriger waren die Erholungen nach der Lehman-Pleite 2009 in der Wirtschaft in Europa. Frankreich tritt in seinem BIP-Wachstum seit fast 10 Jahren auf der Stelle. Deutschland hat mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,0% ebenfalls einen sehr langsamen Wachstumsprozess. Und auch in den Volkswirtschaften in Italien oder Spanien war bisher eher Schrumpfung statt Wachstum angesagt. Es spricht damit wenig dafür, dass in Europa ein Wachstums- Boom nach der Corona-Krise ausbricht. Die Theorie des „V-Wachstum“ – also dass man sich nach der Krise schnell erholt - steht damit auf wackeligem Fundament. In der Vergangenheit galt bei den großen Krisen in Europa das Gegenteil. Damit dauert der Aufholprozess nach dem Corona-Einbruch deutlich länger als 10 Jahre bei. Selbst 5 Jahre nach der Corona-Krise dürften die Exporte immer noch mehr als 750.000 Fahrzeuge zurückliegen.

 

Fazit: Die Autoindustrie in Deutschland wird massiv Kapazitäten abbauen

 

Wir müssen mit einem deutlichen Abbau der Produktionskapazität in der Autoindustrie in Deutschland rechnen. Umgerechnet auf Arbeitsplätze könnten das gut 100.000 Arbeitsplätze – sprich 12% der heutigen 830.000 Arbeitsplätze bei Autobauern und Zuliefern sein, die gefährdet sind. Auch dies wieder eher unter optimistischen Annahmen.

 

Nur schnelle Nachfragebelebung kann Absturz mildern Negative Mehrwertsteuer?

 

Die Analyse zeigt, dass der Absturz so gut wie möglich aufgehalten werden muss. Dies kann nur zum Teil durch Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen, die derzeit mit der Gießkanne verteilt werden, sichergestellt werden. Wesentlich für das Abbremsen des Einbruchs ist die Belebung der Nachfrage. Die Nachfragebelebung definiert wieviel Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie verloren gehen. Und genau auf die Nachfragebelebung hat Berlin bisher überhaupt nicht reagiert. Berlin kämpft heute mit den falschen Waffen.

 

Flächendeckende Aussetzung der Mehrwertsteuer

 

Flächendeckend wäre etwa die Aussetzung der Mehrwertsteuer für höherwertige Produkte eine schnell umsetzbare Maßnahme. Und warum eigentlich nicht auch über eine negative Mehrwertsteuer nachdenken. Negative Zinsen sind heute bei vielen Zentralbanken der NORMALFALL. Wer sich Geld ausleiht kriegt morgen mehr zurück. Unter solchen ökonomischen Bedingungen sollte auch eine Diskussion um eine negative Mehrwertsteuer kein Tabu sein. Mit CORONA verändert sich Welt nachhaltig. Ferdinand Dudenhöffer

 

English version

 

According to our analysis, the corona crisis is causing overnight overcapacities of 1.3 million passenger cars to be created in the German automotive industry in the production of passenger cars in Germany. Even with an optimistic forecast, passenger car production in Germany is likely to shrink to 3.8 million vehicles in 2020. Our author Ferdinand Dudenhöffer analyses the market. 

Under a pessimistic scenario, we expect only 3.4 million vehicles, i.e. an overcapacity of 1.7 million vehicles. That would be the lowest domestic production since the year 2000. 

 

Between 2000 and 2019, an average of 5.4 million passenger cars were produced in Germany. 2008 and 2019 were already very poor production years in Germany. Production capacities have been reduced in Germany in recent years by some car manufacturers, such as Ford and Opel. If we now compare not the average of the last 19 years with the forecast for 2020, but the worse 2018 figure of 5.1 million cars produced, the overcapacity is 3.8 million vehicles. In relation to the production of 2018, 25% of the production capacity in 2020 is idle.

 

Demand for German cars will be burdened

 

The starting point is passenger car exports from Germany to various countries, in each case under the premise that Corona will have a noticeable impact on demand for German cars. It is assumed that the demand for cars produced in Germany will fall by 15% in 2020. This is a rather cautious and conservative assumption in view of the corona crisis. 

 

Carmakers have to sell a million vehicles on the domestic market

 

This means that 1,000,000 cars produced in Germany are still "needed" for the domestic market.

We expect German exports to Italy to fall by 30%. Given the current situation in Italy, this is also a rather conservative, very optimistic assumption. According to this pattern, the various

 

Pessimistic scenario

 

Under a pessimistic scenario, i.e. the further rapid spread of the virus worldwide except China, we forecast that only 3.4 million passenger cars will be produced in Germany in 2020. This means that the overcapacity in German passenger car production is 1.7 million cars or 34%. The reason is not problems in the supply chains, but quite clearly the lack of demand. Corona is thus not presenting the car industry with a supply chain problem, but with a serious, longer-term demand problem.

 

The long-term development

 

The longer-term development of exports is of great importance for maintaining production capacity. Keeping unused production capacity for longer than 3 or 4 years makes little sense. Too great is the economic risk of having to continue working at a loss afterwards. Therefore, it makes sense to adjust capacities for business reasons. All managers in the automotive industry are forced to do this if they do not want to lose their jobs. The argument shows that short-time work compensation for short periods is a reasonable bridge, but by no means can bridge periods of more than 3 years. So what are the chances of the global car markets recovering after 2020? The GDP growth rates of the past nine years, i.e. after the Lehman crash in 2009, allow an assessment of this.

 

Internet economy generated growth in the USA

 

After the Lehman crisis, the US economy grew at relatively high rates, averaging 3.8% per year. The 15% slump in GDP in 2020 would thus be "made up" again after a good 5 years. However, part of the high US growth rates are also the results of the Californian internet economy with Google, Apple and other companies. Without the innovations from Silicon Valley the US economy would have grown much more slowly. From today's perspective, similar developments are less apparent for the USA. If so, this is more likely to be the case for China. In addition, one has to expect a much greater slump in US GDP in 2020 with the corona crisis. USA will be the new epicentre of the corona crisis. So even in the best case scenario for the USA, it would take 8 or 10 years to catch up with the year 2019.

 

Growth problems in Europe after the Lehman crisis

 

The recovery following the Lehman bankruptcy in 2009 was much more difficult for the European economy. France has been treading water in its GDP growth for almost 10 years. Germany, with an average growth rate of 1.0%, also has a very slow growth process. And the economies in Italy or Spain have also been shrinking rather than growing. There is therefore little to suggest that a growth boom will break out in Europe after the corona crisis. The theory of "V-growth" - i.e. that people recover quickly after the crisis - is thus based on shaky foundations. In the past, the opposite was true of the major crises in Europe. This means that the catching-up process after the corona collapse will take much longer than 10 years. Even 5 years after the corona crisis, exports are still likely to be more than 750,000 vehicles behind.

 

Conclusion: The automotive industry in Germany will massively reduce capacities

 

We must expect a significant reduction in production capacity in the automotive industry in Germany. In terms of jobs, this could mean a good 100,000 jobs - i.e. 12% of the current 830,000 jobs at car manufacturers and suppliers, which are at risk. Again, this is based on rather optimistic assumptions.

 

Only a quick revival of demand can mitigate the crash Negative VAT?

 

The analysis shows that the crash must be stopped as well as possible. This can only partly be ensured by short-time work compensation and liquidity aid, which is currently being distributed with the watering can. The revival of demand is essential for slowing the slump. The revival of demand defines how many jobs will be lost in the German automotive industry. And it is precisely this revival of demand that Berlin has not yet reacted to at all. Berlin is fighting with the wrong weapons today.

 

Comprehensive suspension of value added tax

 

The suspension of VAT for higher value-added products, for example, would be a measure that could be implemented quickly across the board. And why not think about a negative value added tax? Negative interest rates are the NORMAL CASE at many central banks today. Whoever borrows money will get more back tomorrow. Under such economic conditions, a discussion about a negative value added tax should not be taboo. With CORONA the world changes sustainably. Ferdinand Dudenhöffer