Die Bundeskanzlerin beeinflusst die Erwartungen in der Corona-Krise

Das hat ein Forschungspapier ergeben, an dem Wissenschaftler des ifo Instituts zusammen mit Wissenschaftlern vom DIW, der LMU München, der HU Berlin und der FU Berlin beteiligt sind.

 

„Die Konsumneigung der Bundesbürger ist nach der Pressekonferenz der Kanzlerin am 15. April  um etwa ein Fünftel zurückgegangen“, sagt Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen.

 

„Gemessen haben wir das an den von den Haushalten geplanten außergewöhnlichen Ausgaben. Sie sanken im Durchschnitt der Woche vor der Pressekonferenz von 2990 Euro auf 2327 Euro im Durchschnitt der Woche danach“, sagt Peichl. Am Donnerstag nächster Woche berät Merkel wieder mit den Ministerpräsidenten*Innen der Länder und dürfte sich danach erneut zur Coronakrise äußern.

 

Viele Maßnahmen wurden verlängert

 

Auch auf andere Erwartungen haben die Reden der Kanzlerin spürbare Auswirkungen. Der Zeitpunkt, an dem alle eine vollständige Öffnung der Gesellschaft erwarteten, verschob sich nach der Pressekonferenz vom 15. April trotz der Ankündigung erster Lockerungen deutlich nach hinten auf Anfang November. Auch die Erwartung, wann wieder im normaler Schulunterricht stattfinden kann, verschob sich um drei Wochen nach hinten. Ebenso die Erwartung,  wann die Bundesliga wieder mit Zuschauer*Innen spielen kann (nicht vor 2021), verschob sich.

 

Politik kann das Verhalten verändern

 

„Die Politik, hier in insbesondere in Person von Angela Merkel, kann durch öffentliche Äußerungen Erwartungen und damit auch das ökonomische Verhalten verändern. Unabhängig davon, ob die angekündigten Maßnahmen zielgerichtet sind oder nicht, ist das für die Handlungsfähigkeit der Regierung enorm hilfreich, kann aber auch zu ungewünschten Nebeneffekten führen“, sagt Peichl.

 

Erwartungsmanagement ist bisher wirksam

 

„Das Erwartungsmanagement der Politik in der Corona-Krise ist bisher wirksam. Unsere empirischen Analysen liefert deutliche Hinweise darauf, dass politische Äußerungen, insbesondere von Angela Merkel, einen substantiellen Einfluss auf die Erwartungen und Konsumabsichten hatten“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin. „Erwartungsmanagement hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun, und es ist wichtig, dass die Politik diese nicht verspielt.“

 

Daten einer Online-Befragung wurden ausgewertet

 

Verwendet wurden tägliche Daten einer Online-Befragung des Instituts Civey zwischen dem 2. und dem 20. April, die von den Instituten in Auftrag gegeben und vom Sonderforschungsbereich TRR 190 der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum rund 50.000 Personen zu ihren Erwartungen befragt, wie lang die aktuellen Beschränkungen des öffentlichen Lebens anhalten werden und ob die Befragten planen, in den nächsten Monaten größere Konsumausgaben zu tätigen. pm, ifo

 

English version

 

The press conferences and speeches by Chancellor Angela Merkel in the Corona crisis are changing expectations in Germany. This is the result of a research paper in which scientists from the ifo Institute are involved together with scientists from DIW, LMU Munich, HU Berlin and FU Berlin.

 

"According to the Chancellor's press conference on 15 April, the propensity to consume among German citizens has fallen by about one fifth," says Andreas Peichl, head of the Ifo Centre for Macroeconomics and Surveys.

 

"We measured this against the extraordinary expenditures planned by the budgets. They fell on average from 2990 euros in the week before the press conference to 2327 euros on average in the week after," says Peichl. On Thursday next week Merkel will again consult with the state premiers* of the federal states and is expected to comment on the Corona crisis again afterwards.

 

Many measures were extended

 

The Chancellor's speeches also have a noticeable impact on other expectations. After the press conference on 15 April, the point in time at which everyone expected the society to be fully opened up was moved considerably later, to the beginning of November, despite the announcement of initial easing of tensions. The expectation of when normal school lessons could take place again was also shifted back by three weeks. Likewise, the expectation of when the Bundesliga can play with spectators* again (not before 2021) was postponed.

 

Politics can change behaviour

 

"Politics, here in particular in the person of Angela Merkel, can change expectations and thus also economic behaviour through public statements. Irrespective of whether the measures announced are targeted or not, this is enormously helpful for the government's ability to act, but it can also lead to undesirable side-effects," says Peichl.

 

Expectation management is effective so far

 

"The expectations management of politics in the Corona crisis has been effective so far. Our empirical analyses provide clear evidence that political statements, especially those made by Angela Merkel, have had a substantial influence on expectations and consumer intentions," says Peter Haan, Head of the State Department at DIW Berlin. "Expectation management also has something to do with credibility, and it is important that politicians do not gamble it away".

 

Data from an online survey were evaluated

 

Daily data from an online survey conducted by the Civey Institute between April 2nd and 20th, commissioned by the institutes and funded by the Collaborative Research Center TRR 190 of the German Research Foundation were used. A total of around 50,000 people were asked during this period about their expectations as to how long the current restrictions on public life will continue and whether the respondents plan to spend more on consumption in the coming months.

pm, ifo, mei