Nach einem deutlichen Anstieg der Einkommensungleichheit während der Jahre hoher Arbeitslosigkeit 2000 bis 2005, stagniert nun die Ungleichheit. Auch der Anteil der BezieherInnen von Niedrigeinkom-men hat sich stabilisiert, in einigen Altersgruppen schrumpft er seit 2009 sogar.
Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zur Einkommens-entwicklung, die sich auf die Zeit vor der Corona-Pandemie bezieht. Wie sich der Shutdown und die schweren Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Einkommensverteilung niederschlagen, lasse sich zu diesem Zeitpunkt nicht prognostizieren. „Deutschland hat in den vergangenen Jahren viele Krisen und Herausforderungen gut bewältigt. Selbst die Finanzmarktkrise ab 2008 mit dem stärksten wirtschaftlichen Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg hat kaum lang anhaltende negative Effekte auf die Einkommensniveaus und die Verteilung der Einkommen in Deutschland gehabt“, stellt Studienautor Markus M. Grabka fest.
Staatliche Unterstützungsleistungen helfen
Staatliche Unterstützungsleistungen wie das Kurzarbeitergeld hätten damals die Auswirkungen auf die Einkommensverteilung abfedern können und würden auch in der jetzigen Krise eingesetzt. Sollten die mit der aktuellen Corona-Krise notwendigen Einschränkungen sich nicht zu lange hinziehen, könnten sich mithilfe dieser Maßnahmen die negativen Folgen auf die Einkommensverteilung der Privathaushalte in Grenzen halten, so die Studie.
Niedrigeinkommensquote stabilisiert sich
Zusammen mit seinem Kollegen Jan Goebel untersucht Grabka jährlich die Einkommensverteilung anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Bei der Untersuchung des vergangenen Jahres zeigte die Ungleichheit noch Anzeichen für einen steigenden Trend, der sich aber durch die aktuellen Zahlen nicht bestätigt. Der Anteil an BezieherInnen von Niedrigeinkommen stagniert seit einigen Jahren. Lag der Anteil derjenigen, die weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens erwirtschafteten, im Jahr 2000 bei elf bis zwölf Prozent, stieg dieser Wert bis 2015 auf insgesamt mehr als 16 Prozent und hat sich dort stabilisiert.
Zuwanderung treibt Niedrigeinkommensquote bei Migranten
In den Jahren der starken Zuwanderung ab 2010 sei in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund der Anteil mit Niedrigeinkommen nicht gestiegen. Im Gegenteil: In fünf von neun Altersgruppen falle die Niedrigeinkommensquote seit 2009 sogar, und zwar bei Kindern und jungen Erwachsenen bis zu 24 Jahren, bei 45- bis 54-Jährigen und bei der Altersgruppe der über 75-Jährigen. „Bei den Kindern und Jugendlichen dürfte sich die verbesserte Arbeitsmarktlage in Form höherer Löhne der jeweiligen Eltern positiv ausgewirkt haben“, erklärt Markus M. Grabka.
Erste Erfolge zeigen sich
Anders verhält es sich bei der Bevölkerung mit direktem Migrationshintergrund: Mit zunehmender Zuwanderung steigt die Quote von 25 auf 30 Prozent. Lediglich bei Personen, die älter als 55 Jahre sind, sinke sie. Bei Kindern und jungen Erwachsenen – also den Altersgruppen, die primär in den letzten Jahren nach Deutschland zugewandert sind – hingegen nehme sie deutlich zu. „Inzwischen zeigen sich erste Erfolge bei der Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, dennoch bedarf es angesichts der hohen Niedrigeinkommensquote bei Personen mit direktem Migrationshintergrund weiterhin Anstrengungen wie Qualifizierung und Sprachtraining“, meint Jan Goebel. pm, diw
English version
Since 2000, net household incomes have risen by a total of around twelve percent in real terms. Since 2013, almost all income groups have benefited from this, and since 2015 even the lowest ten percent of the income distribution, according to a study by the German Institute for Economic Research (DIW).after a significant increase in income inequality during the years of high unemployment from 2000 to 2005, inequality is now stagnating. The share of low-income earners has also stabilized, and in some age groups it has even been shrinking since 2009.
These are the main findings of a recent study on income development by the German Institute for Economic Research (DIW Berlin), which covers the period before the corona pandemic. How the shutdown and its severe impact on the economy will be reflected in income distribution cannot be predicted at this point in time. "Germany has coped well with many crises and challenges in recent years. Even the financial market crisis from 2008 onwards, with the most severe economic slump since the Second World War, has hardly had any long-lasting negative effects on income levels and the distribution of income in Germany," notes study author Markus M. Grabka. State support services such as the short-time working allowance could have cushioned the impact on income distribution at the time and are still being used in the current crisis. If the restrictions required by the current corona crisis do not drag on too long, these measures could help to limit the negative consequences on the income distribution of private households, the study says.
Low income ratio stabilizing
Together with his colleague Jan Goebel, Grabka annually examines the distribution of income using data from the Socio-Economic Panel (SOEP). In last year's study, inequality still showed signs of an increasing trend, but this is not confirmed by the current figures. The share of low-income earners has been stagnating for several years. While the share of those who earned less than 60 percent of the median income was eleven to twelve percent in 2000, this figure rose to a total of more than 16 percent by 2015 and has stabilized there.
Immigration drives the low income rate among migrants
In the years of strong immigration from 2010 onwards, the proportion of the population without a migration background with low incomes did not increase. On the contrary: in five out of nine age groups the low income rate has even fallen since 2009, namely among children and young adults up to 24 years of age, among 45-54 year-olds and in the age group of those over 75 years of age. "For children and young people, the improved labour market situation is likely to have had a positive effect in the form of higher wages for the respective parents," explains Markus M. Grabka.
First successes are evident
The situation is different for the population with a direct migration background: With increasing immigration, the rate rises from 25 to 30 percent. Only among people over 55 years of age does it fall. For children and young adults - i.e. the age groups that have primarily immigrated to Germany in recent years - on the other hand, the rate increases significantly. "In the meantime, the first successes in integrating the refugees into the labour market are becoming apparent, but in view of the high low income rate of people with a direct migration background, efforts such as qualification and language training are still needed," says Jan Goebel.
pm, diw, mei