Sicherheitsexperte: Die Bundeswehr braucht ganz schnell Kampfdrohnen - Soldaten sind nicht mehr geschützt

Es müsse "die staatspolitische Verantwortung sein, dass unsere Soldaten den bestmöglichen Schutz bekommen", sagte Ischinger in einem Interview mit dem "Tagesspiegel". Der SPD gehe es scheinbar um eine Profilierung als Friedenspartei für das Wahljahr 2021. Ihre Botschaft sei aber: "Die Ausrüstung der von uns in die Gefahr geschickten Soldaten interessiert allenfalls in zweiter Linie", kritisierte Ischinger. "Die SPD hat doch alle diese Auslandseinsätze aktiv selbst mitbeschlossen."

 

Die Drohne sei das Kampfmittel der Zukunft, "mit dem sich schon heute alle ausrüsten, die sich das finanziell leisten können. Bloß wir nicht. Unsere Soldaten sollten sich mit gleicher Münze verteidigen und auch Angriffe präventiv verhindern können." Der Bergkarabach-Konflikt sei ein schlagendes Argument, "dass wir jetzt möglichst rasch eine hinreichende Zahl von Drohnen für die Bundeswehr anschaffen sollten. Im Augenblick haben wir zahlreiche Einsatzgebiete für die Bundeswehr weltweit. Wenn es darum geht, die Bundeswehr dafür bestens auszurüsten, dann führt an der Drohnenausrüstung kein Weg vorbei."

 

Armee ohne bewaffnete Drohnen ist chancenlos

 

Der von Armenien verlorene Konflikt um Berg-Karabach habe gezeigt, dass eine Armee ohne bewaffnete Drohnen chancenlos sei, betonte Ischinger. "Wollen wir denn die Rolle der hilflosen armenischen Armee spielen, die da sozusagen aus der Luft auseinandergenommen wurde und keine vergleichbaren Verteidigungsmittel in der Hand hatte?" Es gehe ja auch immer um die Frage der Abschreckung: "Wie kann ich sicher sein, dass uns keiner angreifen will, weil er weiß, wie gut und schlagkräftig und modern wir ausgerüstet sind? Dann kommt es auch zu keinem Konflikt."

 

Kundus: Angriff auf Tanklastwagen

 

Als Beispiel für einen Vorteil bewaffneter Drohnen nannte Ischinger den verheerenden Luftangriff auf einen Tanklastwagen bei Kundus 2009 mit weit über hundert Toten. "Der Pilot eines solchen Flugzeugs hat wenige Sekunden Entscheidungszeit, weil er mit einer großen Geschwindigkeit auf das Ziel zufliegt und sich natürlich kaum davon überzeugen kann, ob da Leute stehen oder nicht." Wenn man diesen Angriff mit einer Drohne und nicht mit einem Kampfflugzeug geflogen hätte, dann hätte man wahrscheinlich diese schlimme Katastrophe verhindern können. "Man hätte mehr Zeit gehabt, sich die Lage aus der Luft genau zu betrachten und zu sehen, dass da viele unbeteiligte Menschen stehen. Und man hätte dann eben nicht gefeuert", sagte Ischinger dem "Tagesspiegel".

 

Von der Kehrtwende der SPD enttäuscht

 

Er zeigte sich von der Kehrtwende der SPD enttäuscht. Dabei schätze er sehr die Rolle bei der Entwicklung des Landes hin zu einem außenpolitisch verantwortlich agierenden Staatswesen. "Es war unter einem SPD-Kanzler, dass wir uns an dem Kosovo-Einsatz beteiligt haben, um eine genozidartige Eskalation auf dem Balkan zu verhindern. Der Nato-Doppelbeschluss fiel unter einem SPD-Kanzler. Und es war ein SPD-Verteidigungsminister, der gesagt hat, unsere europäische und damit auch deutsche Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt." Er finde es bedauerlich, dass diese Tradition von mehr als 40 Jahren, die man zurückführen könne auf Helmut Schmidt, nun anscheinend aufgegeben werde. pm, ots

 

English version

 

The head of the Munich Security Conference, Wolfgang Ischinger, has accused the SPD of endangering the protection of German soldiers on missions abroad by blocking the acquisition of combat drones.

 

It must be "the responsibility of state policy to ensure that our soldiers receive the best possible protection," Ischinger said in an interview with the "Tagesspiegel." The SPD, he said, was apparently concerned with raising its profile as a peace party for the 2021 election year, but its message was that "the equipment of the soldiers we send into danger is at best of secondary interest," Ischinger criticized. "After all, the SPD itself actively co-decided all these foreign missions."

 

The drone, he said, is the combat device of the future, "with which everyone who can afford it is already equipping themselves today. Except us. Our soldiers should be able to defend themselves in kind and also prevent attacks preemptively." The Nagorno-Karabakh conflict, he said, is a compelling argument "that we should now acquire a sufficient number of drones for the Bundeswehr as quickly as possible. Right now, we have numerous operational areas for the Bundeswehr around the world. When it comes to equipping the Bundeswehr for this in the best possible way, there is no way around drone equipment."

 

Army without armed drones has no chance

 

The conflict over Nagorno-Karabakh, which Armenia lost, showed that an army without armed drones has no chance, Ischinger stressed. "Do we want to play the role of the helpless Armenian army, which was taken apart from the air, so to speak, and had no comparable means of defense in hand?" There is always the question of deterrence: "How can I be sure that no one will want to attack us because they know how well and powerfully and modernly equipped we are? Then there will be no conflict."

 

Kunduz: Attack on tanker truck

 

As an example of an advantage of armed drones, Ischinger cited the devastating air attack on a tanker truck near Kunduz in 2009 that killed well over a hundred people. "The pilot of such an aircraft has a few seconds to make a decision because he flies at a great speed toward the target and of course can hardly convince himself whether there are people there or not." If this attack had been flown with a drone rather than a fighter, it is likely that this terrible disaster could have been prevented. "You would have had more time to take a good look at the situation from the air and see that there were a lot of uninvolved people standing there. And one would have then just not fired," Ischinger told the "Tagesspiegel".

 

Disappointed by the SPD's U-turn

 

He was disappointed by the SPD's U-turn. At the same time, he said, he very much appreciated the role it played in developing the country into a state that is responsible in foreign policy. "It was under an SPD chancellor that we participated in the Kosovo mission to prevent a genocidal escalation in the Balkans," he said. It was under an SPD chancellor that the NATO dual decision was made. And it was an SPD defense minister who said our European and thus also German security will be defended in the Hindu Kush." He said it was regrettable that this tradition of more than 40 years, which could be traced back to Helmut Schmidt, was now apparently being abandoned. pm, ots, mei