"Die Dringlichkeit und Gefährlichkeit der viralen Pandemie darf keine Ausrede dafür sein, dass wir unsere kritischen, analytischen Instrumente unter Hinweis auf das bestehende und teils gut begründete Notstandsregime aus dem Verkehr ziehen", schreibt der Bonner Wissenschaftler im "Kölner Stadt-Anzeiger".
Auf dieser Ebene sei die Videoaktion gelungen. Wie sie moralisch sowie insgesamt ästhetisch, also in ihrer Eigenschaft als Kunstaktion, einzustufen sei, "ist damit allerdings längst noch nicht entschieden", räumte Gabriel ein. In scharfer Form kritisierte Gabriel die "Diffamierung" der an der Aktion beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler und den Versuch, diese in die rechte Ecke zu stellen. In wenigen Stunden seien sie "in die Mühle der sozialen Netzwerke" geraten und damit "anscheinend teilweise zu ihrem eigenen Entsetzen in jene diskursiven Mechanismen verstrickt" worden, die sie in ihren Videos bereits explizit antizipiert hätten.
Voreilige Urteile des Medienbetriebs
Voreilige Urteile gehörten zu den "Defiziten eines Medienbetriebs, der längst mit mehr als einem Auge auf die sozialen Netzwerke schielt, um darüber zu berichten, wie in diesen über etwas berichtet wird, was man eigentlich erst einmal analysieren und einordnen müsste". Die Aktion habe damit auf der "meta-medialen Ebene" recht behalten.
Mehr angstfreien Diskurs
Gabriel forderte, die diskursiven Mechanismen des Redens und Denkens über Corona zu durchleuchten, statt sie einfach zu verwenden. "Wir brauchen mehr angstfreien Diskurs, der im Angesicht von Corona offensichtlich nicht ganz einfach ist. Das ist eine der Lektionen, die wir von #allesdichtmachen lernen sollten." pm, ots
English version
The philosopher Markus Gabriel has defended the video action #allesdichtmachen, which is directed against the Corona policy of the Federal Government. "The urgency and danger of the viral pandemic must not be an excuse for withdrawing our critical, analytical instruments from circulation with reference to the existing and partly well-founded emergency regime," writes the Bonn scientist in the "Kölner Stadt-Anzeiger".
On this level, the video action was successful. How it should be classified morally and aesthetically, i.e. in its capacity as an art action, "is far from being decided," Gabriel conceded. Gabriel sharply criticised the "defamation" of the actors and actresses involved in the action and the attempt to place them in the right-wing corner. In a few hours, he said, they had been "caught up in the mill of social networks" and thus "apparently partly to their own horror, entangled in those discursive mechanisms" that they had already explicitly anticipated in their videos.
Hasty judgements of the media establishment
Hasty judgements are part of the "deficits of a media business that has long been squinting with more than one eye on the social networks to report on how they report on something that should actually first be analysed and classified". The action was thus proven right on the "meta-media level".
More fear-free discourse
Gabriel called for the discursive mechanisms of talking and thinking about Corona to be examined instead of simply using them. "We need more fear-free discourse, which is obviously not easy in the face of Corona. That's one of the lessons we should learn from #allthingspoetry." pm, ots, mei