Corona-Masken-Mord in Idar-Oberstein: Eine Tat, die fassungslos macht

nd/Der Tag: Entsetzen über die Tat

 

Schon länger hatte man es befürchtet, nun ist es eingetreten: Ein Mord durch einen radikalisierten Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen.

 

Wegen des bloßen Hinweises auf die Einhaltung der Maskenpflicht wurde ein 20-Jähriger am Wochenende kaltblütig erschossen. In ihren Kanälen bejubeln Querdenker und extreme Rechte die Tat, viele andere zeigen sich entsetzt. Zügige Ermittlungen, die auch die Netzwerke des Verdächtigen nicht aussparen, sind notwendig. Doch was lässt sich darüber hinaus festhalten?

  • Die Querdenken-Bewegung wurde systematisch von Teilen der Politik, Medien und Behörden verharmlost. Für alle war offen zu sehen, dass sie in den vergangenen Monaten zwar an Mobilisierungsfähigkeit einbüßte, dafür aber in Teilen eine extreme Radikalisierung durchlief. Übergriffe aus Demonstrationen heraus waren üblich, dazu gab es auch Anschläge auf Impfzentren. Vor allem die Union und die FDP wollten die potenzielle Wählerschaft jedoch nicht verlieren - oder die Bewegung gar für eigene Ziele einspannen. Sie zeigten sich gesprächsbereit und verständnisvoll, wo klare Abgrenzung und Benennung der Gefahr nötig gewesen wäre. Einige Medien und Sicherheitsbehörden taten dies ebenso.
  • Die hiesigen Waffengesetze und Kontrollen sind auch nach den Anschlägen von Hanau und Halle offensichtlich weiterhin unzureichend. Erneut verfügte ein Täter über Schusswaffen und Munition, obwohl er keine entsprechende Erlaubnis dafür besaß. Wieso ist so etwas trotz aller Beteuerungen immer noch möglich? Und wieso wurde die extreme Rechte in Deutschland noch nicht entwaffnet?

Die bittere Antwort: Weil rechter Terror für die amtierende Bundesregierung trotz aller Lippenbekenntnisse keine große Rolle spielte. Genauso wenig übrigens im Wahlkampf der neuen Kanzlerkandidaten.

 

Kölnische Rundschau: Von Terroranschlag sprechen, ist überzogen

 

Die Tat ist unfassbar und entsprechend sind die Reaktionen. Da ärgert sich ein 49-jähriger Mann, also durchaus jemand im bereits gesetzteren Alter, darüber, dass er zum Maskentragen aufgefordert wird. Er geht nach Hause, holt eine Pistole und erschießt 90 Minuten später -also nach längerer Bedenkzeit - einen jungen Mann, der nichts anderes tut, als seiner Pflicht nachzukommen.

 

Ein extremer Fall. Kein Wunder, dass angesichts der Verruchtheit, Skrupellosigkeit und Rohheit der Tat bundesweit die Emotionen auch im politischen Raum hochschlagen. Allerdings sollte man mit der Beurteilung vorsichtig sein. Hier von Terroranschlag zu sprechen, wie es der Antisemitismus-Beauftragte der baden-württembergischen Landesregierung, Michael Blume, tut, ist weit überzogen. So furchtbar das Verbrechen ist: Es war offenbar weder länger geplant, noch wirklich vorbereitet und hatte nach allem, was man weiß, auch keine politische Botschaft zum Ziel.

 

Hier hat ein, wie es scheint, emotional und sozial verrohter Mensch vollkommen die Kontrolle über sich verloren und einen Mord begangen, der einem den Atem stocken lässt. Ein Einzeltäter, nicht weiter organisiert, der aber durch Lektüre im Internet seinen Hass und seine Aggression gegen die Corona-Maßnahmen immer weiter aufgebaut hat.

 

Wenn der Vorgang etwas zeigt, dann die Tatsache, dass durch die rund 18 Monate andauernde Ausnahmesituation Corona die Nerven bei vielen in der Gesellschaft blank liegen: Manche demonstrieren, andere radikalisieren sich, werden Querdenker, manche greifen zur Gewalt. Jedoch aus der Wahnsinnstat eines Einzelnen auf Terrorismus zu schließen, verharmlost letzteres gefährlich.

 

Badische Zeitung: Eine Tat, die fassungslos macht

 

Es ist eine Tat, die fassungslos macht. (...) Es scheint wahrscheinlich, dass die Ablehnung der Corona-Maßnahmen eine wesentliche Rolle dabei gespielt haben dürfte. Ob der Täter aus der "Querdenker"-Szene stammt, ob er im Netz Verschwörungserzählungen anhing, weiß man bislang noch nicht. Was man aber weiß, ist, dass dort, in den einschlägigen Foren, auf eine Art und Weise über den mutmaßlichen Mord diskutiert wird, die einen erschaudern lässt. (...) Polizei und Verfassungsschutz müssen hier konsequent durchgreifen, sonst wird es nicht die letzte derartige Tat gewesen sein. pm, ots