"Lesen kann die Seele retten", sagt Elke Heidenreich im "Zeit Wissen"-Interview über die Wirkung von Büchern. "Ich hatte ja keine schöne Kindheit und keine nette Familie."
Das Lesen habe der zeitweise bei Pflegeeltern aufgewachsenen Moderatorin als "krankes Kind, als unglückliches Kind" Trost gespendet: "Ich hatte mich sozusagen weggelesen."
Lesen ist für die Autorin jedoch "alles andere als harmlos". Bei aller heilsamen Wirkung der Bücher, hätten manche sie auch auf Abwege gebracht: "Auf diesem Trip war ich eine Zeit lang, dass ich dachte, die Kerle machen doch irgendwie alles kaputt." Die 78-Jährige weiter: "War eine Phase. Ich war immer viel verliebt, auch zweimal verheiratet und hatte reichlich Affären. Irgendwann konnte ich die Kerle nicht mehr ertragen, ich kam nicht mehr klar mit diesem Machogehabe. Aber diese Phase ist vorbei."
Schlüpfrige und schmierige Liebesgedichte von Walser und Grass
Im Gespräch mit "Zeit Wissen" - Chefredakteur Andreas Lebert und "Zeit" - Redakteur Stephan Lebert äußert Heidenreich sich auch über ihre Branche: "Es gibt Autoren, wo ich denke: Du Idiot, das hättest du mir nicht antun müssen." Beispielsweise Martin Walser und Günter Grass hätten im Alter Liebesgedichte geschrieben, "die fand ich schlüpfrig und schmierig, die haben mich geärgert". Für Susan Sontag empfinde sie trotz einer "furchtbaren" Begegnung eine tiefe Bewunderung: "Ich werde nie aufhören, sie zu lieben und zu bewundern. Aber mit mir war sie ganz schrecklich", so Heidenreich, die seit 1992 selbst als Schriftstellerin aktiv ist.
Ein Lesetipp für Angela Merkel
Außerdem gibt die im Fernsehen und Hörfunk bekannt gewordene Moderatorin in der aktuellen Ausgabe des Magazins Buchempfehlungen für jede Lebenslage mit auf den Weg: 15-jährigen Mädchen mit Liebeskummer legt sie Rilke, Colette und Sagan ans Herz - den Jungs: "Rocket Boy". Für Männer mittleren Alters mit einer schweren Krankheitsdiagnose hat Heidenreich den Tipp: "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Und Angela Merkel empfiehlt sie nach der Kanzlerschaft "Americanah" von Chimamanda Ngozi Adichie. pm, ots