Deutsche Volkswirt*innen bewerten den Koalitionsvertrag des Ampelbündnisses positiv. Dieser Meinung sind drei Fünftel der Antwortenden des Ökonomen-Panels.
„Die Ökonominnen und Ökonomen verweisen auf die ambitionierten Klimaschutz-Ziele und den Ausbau der digitalen Infrastruktur“, sagt Ifo-Forscher Niklas Potrafke. Ein Fünftel allerdings äußert sich kritisch zu unkonkreten Ausgestaltungen von Zielen und zu erforderlichen Maßnahmen. Beim Ökonomenpanel befragen das Ifo Institut und die Frankfurter Allgemeine Zeitung Wirtschaftsprofessoren an deutschen Universitäten.
Ökonomen sehen Luft nach oben
„Bei der Bewältigung künftiger wirtschaftspolitischer Herausforderungen sehen die teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen durchaus noch Luft nach oben“, fügt Potrafke hinzu. Fast vier Fünftel der Antwortenden beurteilen negativ, dass im Koalitionsvertrag keine Anhebung des Renteneintrittsalters vorgesehen ist, nur knapp 10 Prozent befürworten das. Das passe nicht zu den steigenden Lebenserwartungen der Menschen und verzerre die Generationengerechtigkeit. „Im Kern ignoriert der Koalitionsvertrag die demographische Entwicklung, die neue Regierung duckt sich hier weg“, sagt Potrafke. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei eine entscheidende Maßnahme, um das Rentensystem zukunftsfest zu machen und die öffentlichen Finanzen tragfähig zu bekommen.
Kritik an Stabilisierung des Rentenniveaus
48 Prozent der Antwortenden beurteilen die vereinbarte Stabilisierung des Rentenniveaus als negativ. Dadurch würden jüngere Generationen stärker belastet. Ein Fünftel sieht die Stabilisierung positiv, da sie Zukunftsängste mildere und Altersarmut begrenze. Die teilweise Kapiteldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung reicht fast drei Viertel der Antwortenden nicht aus.
Keine Umgehung der Schuldenbremse
Die Umgehung der Schuldenbremse lehnen knapp zwei Drittel der Befragten ab. „Die Schuldenbremse sollte keineswegs umgangen werden“, sagt auch Potrafke. Ausgaben und Einnahmen gehören in den Kernhaushalt. Sie sind von Regierung und Parlament zu entscheiden und zu verantworten. Jedoch befürwortet auch ein Drittel der Teilnehmenden die Umgehung der Schuldenbremse für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung. Die Rückkehr zur Schuldenbremse ab 2023 finden vier Zehntel als gerade richtig. Bis dahin rechnen sie mit der Überwindung der Corona-Pandemie. Für ein knappes Viertel kommt die Rückkehr zu früh.
Beschränkung der Superabschreibungen
Weitere Themen der Befragung waren die Beschränkung der für 2022 und 2023 geplanten „Superabschreibungen“, zusätzliche öffentliche Investitionen in den Klimaschutz, die geplante Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde, das Ziel für öffentlich geförderte Wohnungen und die Festsetzung des Etats für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Insgesamt haben 150 Ökonom*innen an deutschen Universitäten an der Befragung teilgenommen. pm, ifo