Der WWF Deutschland macht stellvertretend für tausende bedrohte Tierarten im Jahr 2021 auf einige Verlierer im Tierreich aufmerksam.
Afrikanischen Waldelefanten, Eisbären, Laubfröschen, Kranichen oder Fischarten wie Stör und Dorsch geht es immer schlechter. Demnach finden sich von den mehr als 142.500 in der Internationalen Roten Liste erfassten Tier- und Pflanzenarten über 40.000 in Bedrohungskategorien - mehr als jemals zuvor. Die Naturschutzorganisation WWF warnt angesichts der neuen Zahlen vor einer "katastrophalen Zuspitzung des weltweiten Artensterbens". Rund eine Million Arten könnten innerhalb der nächsten Jahrzehnte aussterben. Der WWF spricht daher vom "größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit".
Lichtblicke in der Jahresbilanz
Doch auch 2021 gibt es Lichtblicke, wie die Jahresbilanz des WWF zeigt. Nämlich dort, wo Menschen intensiv am Natur- und Artenschutz arbeiten. Eine der seltensten Katzen der Welt, der Iberische Luchs, hat es genauso auf die Gewinnerliste geschafft, wie die nepalesischen Panzernashörner und Vögel wie Großtrappe oder Bartgeier. Eine echte Überraschung stellte der Fund von Jungtieren des Siam-Krokodils in Kambodscha dar. In einem Schutzgebiet wurden das erste Mal seit über zehn Jahren lebende Jungtiere der extrem seltenen Süßwasserkrokodile gesichtet.
Verlierer ihrer eigenen Lebensweise
"Beim Artenschutz geht es längst nicht mehr nur um die Beseitigung eines Umweltproblems, sondern um die Frage, ob die Menschheit nicht irgendwann auf der Roten Liste in einer Gefährdungskategorie landet und zum Verlierer ihrer eigenen Lebensweise wird", warnt Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand beim WWF Deutschland. "Ist die Erde krank, werden es auch die Menschen. Denn wir sind für unser eigenes sicheres und gesundes Leben auf vitale Ökosysteme und Artenvielfalt angewiesen - etwa beim Kampf gegen die Klimakrise. Zugleich zeigen die Gewinner der Liste, dass es noch Chancen für den Artenschutz gibt: Wenn wir wirkungsvolle Naturschutzmaßnahmen umsetzen, können wir Pflanzen, Tiere und schließlich auch das Klima schützen."
Bedrohte Tierarten: Verlierer 2021
- Afrikanische Waldelefanten: 2021 ist offiziell, was viele Naturschützer schon ahnten: Der Afrikanische Waldelefant, der in den Regenwäldern Zentral- und Westafrikas lebt, wird auf der Roten Liste als "vom Aussterben bedroht" geführt. Die Bestände brachen um mehr als 86 Prozent innerhalb von 31 Jahren ein. Die "Gärtner des Waldes" spielen eine entscheidende Rolle beim Walderhalt und damit für den Klimaschutz.
- Haie und Rochen: Laut der Internationalen Roten Liste gilt seit 2021 ein Drittel aller Hai- und Rochenarten als bedroht. Die Überfischung ist der Hauptgrund für den Rückgang der Bestände, aber auch Lebensraumverlust und die Klimakrise sind für die prekäre Situation verantwortlich.
- Eisbären: Die Sommer der vergangenen Jahre brachten über den arktischen Landmassen Rekordtemperaturen. Einem neuen Bericht zufolge verläuft die Klimaerhitzung in der Arktis dreimal so schnell wie im globalen Durchschnitt. 2035 könnte der arktische Ozean erstmalig im Sommer komplett eisfrei sein. Laut Studien würden nachfolgend bis 2100 die meisten Eisbärpopulationen zusammenbrechen.
- Grauer Kranich: Ursprünglich war der größte in Deutschland heimische Vogel über weite Teile Europas verbreitet. Schon einmal wäre er hierzulande fast ausgestorben Durch die Klimakrise fallen in Deutschland nun vermehrt seine Nistplätze trocken. Das Insektensterben wiederum führt zu Nahrungsengpässen für die Küken. Auch 2021 wuchsen in den meisten Brutgebieten Deutschlands zu wenige Jungvögel auf, um die Population langfristig zu sichern.
- Laubfrosch: Dem kleinen Laubfrosch und anderen Amphibien geht es an den Kragen: Durch neue Siedlungen oder Industriegebiete verlieren sie ihr Zuhause. Straßen und Autobahnen werden zu Todesfallen. Laut der Roten Liste Deutschland 2021 ist jede zweite der heimischen Amphibienarten in ihrem Bestand gefährdet. Nur der Schutz der letzten Rückzugsorte dieser Arten, wie etwa Feuchtgebiete und naturnahe Wälder, kann hier noch helfen.
- Edle Steckmuschel: Die größte im Mittelmeer lebende Muschel (Pinna nobilis) kann 90 cm und bis zu 20 Jahre alt werden. Doch in den vergangenen Jahren sind laut einem aktuellen WWF-Report in manchen Mittelmeerregionen Spaniens, Italiens oder Frankreich die Vorkommen (beinahe) komplett verschwunden. Auslöser des Massensterbens ist ein Parasit, der sich mit warmen Strömungen ausbreitet. Die Erderhitzung könnte dafür sorgen, dass sich dieser Vorgang verstärkt und in anderen Gegenden des Mittelmeers fortsetzt, da warmes Wasser die Entwicklung des Parasiten unterstützt. Wärmeres Wasser könnte zudem, so die Befürchtung, direkt schädlich für den Fortpflanzungserfolg der Muschel sein.
- Dorsch, Stint und Co: Für zahlreiche, auch vom Menschen genutzte Fischarten geht es bergab. So kam es in der westlichen Ostsee zu einer wahren Dorsch-Apokalypse. Der Bestand ist zusammengebrochen. Der Kipppunkt, nachdem er sich durch die schädlichen Auswirkungen langjähriger Überfischung und der Klimakrise nicht mehr erholen kann, ist überschritten. Auch Wanderfischarten, die lange Strecken zwischen Meer und Bächen zurücklegen, geht es schlechter. Dabei waren Lachs, Stör und Huchen früher bei uns weit verbreitet. Durch Ausbau und Begradigung von Flüssen, Wasserkraftwerke, schlechte Wasserqualität und Überfischung sind die Bestände der europäischen Wanderfische seit 1970 um 93 Prozent eingebrochen. Durch die Elbvertiefung ist besonders der Stint bedroht.
Gewinner 2021
- Iberischer und Eurasischer Luchs: Comeback für eine der seltensten Katzen der Welt: Eine aktuelle Zählung ergab, dass sich die Population des Iberischen Luchses, der nur in Spanien und Portugal beheimatet ist, in den vergangenen 18 Jahren mit nun 1.111 Tieren mehr als verzehnfacht hat. Auch seinem Verwandten, dem Eurasischen Luchs in Deutschland geht es besser: Hierzulande leben mittlerweile etwa 130 ausgewachsene Tiere und 59 Junge. Trotzdem bleibt die Art auf strenge Schutzmaßnahmen und Wiederansiedlungen angewiesen.
- Panzernashorn: Seit vielen Jahren arbeitet der WWF zusammen mit der Regierung und anderen Organisationen in Nepal daran, Panzernashörner und ihren Lebensraum zu schützen. Die Bemühungen scheinen sich nun ausgezahlt zu haben. Der Nashorn-Bestand ist im Vergleich zur letzten Schätzung 2015 um 16 Prozent gewachsen und hat sich seit der ersten Zählung 2005 fast verdoppelt. Die Bestände litten in der Vergangenheit vor allem unter Lebensraumverlust und der Jagd auf ihr Horn.
- Großtrappe in Deutschland: Durch intensive Landwirtschaft sind die Vögel in vielen Ländern ausgestorben oder akut bedroht. 2021 konnten jedoch 347 Tiere in Brandenburg und Sachsen-Anhalt gezählt werden, im Jahr 1997 gab es gerade einmal noch 57 Tiere. Die Bestände in Deutschland sind damit auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren. Mit bis zu 17 Kilogramm gehören Großtrappen zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt.
- Siam-Krokodil in Kambodscha: Anfang September 2021 gelang einem Forscher-Team des WWF und des kambodschanischen Umweltministeriums ein sensationeller Fund: Auf einer Feldmission wurden acht Jungtiere des vom Aussterben bedrohten Siam-Krokodils in Ost-Kambodscha entdeckt. Das Besondere: Es ist die erste nachgewiesene Fortpflanzung in der Natur dieser bedrohten Süßwasserkrokodile in dieser Region seit über zehn Jahren.
- Bartgeier: 2021 war für die Bartgeier ein absolutes Erfolgsjahr. Im gesamten Alpenraum gab es einen Zuwachs von 50 Junggeiern - darunter sechs Jungvögel, die ausgewildert wurden. In den Alpen fliegen damit wieder über 300 Bartgeier. Das internationale Wiederansiedlungsprogramm, das vor über dreißig Jahren startete, ist also auf guten Wegen. pm, ots
English version
WWF Germany is drawing attention to some of the losers in the animal kingdom on behalf of thousands of endangered species in 2021.
African forest elephants, polar bears, tree frogs, cranes or fish species such as sturgeon and cod are doing worse and worse. According to the report, of the more than 142,500 animal and plant species included in the International Red List, over 40,000 are in threat categories - more than ever before. In view of the new figures, the nature conservation organisation WWF warns of a "catastrophic escalation of global species extinction". Around one million species could become extinct within the next decades. The WWF therefore speaks of the "greatest extinction of species since the end of the dinosaur age".
Bright spots in the annual balance sheet
But there are also bright spots in 2021, as the WWF's annual balance sheet shows. Namely, where people are working intensively on nature and species conservation. One of the rarest cats in the world, the Iberian lynx, made it onto the list of winners, as did the Nepalese armoured rhinoceros and birds such as the great bustard or bearded vulture. A real surprise was the discovery of young Siamese crocodiles in Cambodia. For the first time in over ten years, living young of the extremely rare freshwater crocodiles were sighted in a protected area.
Losers of their own way of life
"Species conservation is no longer just about eliminating an environmental problem, but about whether humanity will not eventually end up on the Red List in an endangered category and become the losers of its own way of life," warns Eberhard Brandes, Executive Director at WWF Germany. "If the earth is sick, so will the people. Because we depend on vital ecosystems and biodiversity for our own safe and healthy lives - for example, in the fight against the climate crisis. At the same time, the winners of the list show that there are still opportunities for species conservation: If we implement effective conservation measures, we can protect plants, animals and ultimately the climate."
Endangered species: Losers 2021
African forest elephants: 2021 is official, what many conservationists already suspected: The African forest elephant, which lives in the rainforests of Central and West Africa, is listed as "Critically Endangered" on the Red List. The populations have collapsed by more than 86 percent within 31 years. The "gardeners of the forest" play a crucial role in forest conservation and thus in climate protection.
Sharks and rays: According to the International Red List, one third of all shark and ray species have been considered threatened since 2021. Overfishing is the main reason for the decline in populations, but habitat loss and the climate crisis are also responsible for the precarious situation.
Polar bears: The summers of recent years have brought record temperatures over the Arctic land masses. According to a new report, climate heating in the Arctic is three times faster than the global average. By 2035, the Arctic Ocean could be completely ice-free in summer for the first time. According to studies, most polar bear populations would subsequently collapse by 2100.
Grey crane: Originally, the largest bird native to Germany was distributed over large parts of Europe. It almost became extinct in this country once before. Due to the climate crisis, its nesting sites in Germany are now increasingly drying up. Insect mortality, in turn, is leading to food shortages for the chicks. In 2021, too few young birds grew up in most breeding areas in Germany to secure the population in the long term.
Tree frog: The small tree frog and other amphibians are in trouble: new settlements or industrial areas are causing them to lose their homes. Roads and motorways become death traps. According to the Red List Germany 2021, every second native amphibian species is endangered. Only the protection of the last refuges of these species, such as wetlands and near-natural forests, can help.
Noble pinniped: The largest mussel living in the Mediterranean (Pinna nobilis) can grow to 90 cm and live up to 20 years. However, according to a recent WWF report, in recent years the occurrences in some Mediterranean regions of Spain, Italy or France have (almost) completely disappeared. The cause of the mass extinction is a parasite that spreads with warm currents. Global warming could cause this process to intensify and continue in other areas of the Mediterranean, as warm water supports the development of the parasite. Warmer water could also, it is feared, be directly detrimental to the reproductive success of the mussel.
Cod, smelt and co.: For numerous fish species that are also used by humans, things are going downhill. In the western Baltic Sea, for example, there was a veritable cod apocalypse. The stock has collapsed. It has passed the tipping point after being unable to recover due to the damaging effects of many years of overfishing and the climate crisis. Migratory fish species that travel long distances between the sea and streams are also doing worse. Salmon, sturgeon and huchen used to be widespread here. Due to the expansion and straightening of rivers, hydroelectric power plants, poor water quality and overfishing, the populations of European migratory fish have collapsed by 93 percent since 1970. The deepening of the Elbe is particularly threatening to smelt.
Winner 2021
Iberian and Eurasian lynx: Comeback for one of the rarest cats in the world: A recent census showed that the population of the Iberian lynx, which is native only to Spain and Portugal, has increased more than tenfold in the past 18 years to 1,111 animals. Its relative, the Eurasian lynx in Germany, is also doing better: there are now about 130 adults and 59 cubs living in this country. Nevertheless, the species remains dependent on strict protection measures and reintroductions.
Armoured rhinoceros: For many years, WWF has been working with the government and other organisations in Nepal to protect armoured rhinos and their habitat. The efforts now seem to have paid off. The rhino population has grown by 16 percent compared to the last estimate in 2015 and has almost doubled since the first census in 2005. In the past, populations suffered mainly from habitat loss and hunting for their horn.
Great Bustard in Germany: Due to intensive agriculture, the birds are extinct or acutely threatened in many countries. In 2021, however, 347 animals could be counted in Brandenburg and Saxony-Anhalt, compared to just 57 in 1997. The population in Germany is thus at its highest level for 40 years. Weighing up to 17 kilograms, great bustards are among the heaviest flying birds in the world.
Siamese crocodile in Cambodia: At the beginning of September 2021, a team of researchers from WWF and the Cambodian Ministry of the Environment made a sensational find: during a field mission, eight young animals of the endangered Siamese crocodile were discovered in Eastern Cambodia. The special thing: It is the first proven reproduction in the wild of these endangered freshwater crocodiles in this region in over ten years.
Bearded vulture: 2021 was an absolute success year for bearded vultures. In the entire Alpine region, there was an increase of 50 young vultures - including six young birds that were released into the wild. Thus, more than 300 bearded vultures are flying in the Alps again. The international reintroduction programme, which started more than thirty years ago, is thus on the right track. pm, ots, mei