Eine Zurücknahme fast aller Corona-Einschränkungen wie aktuell in Großbritannien lehnt der deutsche Virologe Klaus Stöhr für Deutschland ab.
"Also jetzt alles zu öffnen, hört sich für mich ein bisschen so an wie vom rechten Straßengraben in den linken Straßengraben reinzufahren. Irgendwo ist die Fahrbahn ja in der Mitte und die finden glaube ich andere Länder besser." Die Corona-Strategien anderer Länder seien bei weitem fokussierter gewesen als in Deutschland, kritisiert Stöhr am Donnerstagabend in der Fernseh-Sendung rbb-SPEZIAL. "Die eigentliche Strategie sollte ja sein, in einer Pandemie die schweren Verläufe zu verhindern, also die Krankenhäuser, die Intensivstationen und die Friedhöfe leer zu halten, ohne den Blick für die Anderen zu verlieren. Das hat man in einigen Ländern gemacht, wo man sich wirklich fokussiert hat auf die Alten- und Pflegeheime, die stationären Pflegeeinrichtungen, die mobile Pflege und dort die Priorität gesetzt hat."
Das Virus hat sich verändert
Er mahnte eindringlich, dass man jetzt einen entsprechenden Kurswechsel vornehmen müsse. "Was gegenwärtig auf keinen Fall richtig wäre: so weiterzumachen wie die letzten anderthalb Jahre. Das Virus hat sich verändert, die Krankheitsverläufe sind weniger schwer und die Immunisierungsrate ist jetzt so hoch."
Lage in Krankenhäusern darf sich nicht zuspitzen
Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) mahnte jedoch zur Vorsicht, falls sich die Lage in den Kliniken zuspitzen sollte: "Wenn wir feststellen, dass die Krankenhäuser jetzt wieder drohen vollzulaufen - so dass es wieder Situationen gibt, wo der Herzinfarkt nicht behandelt werden kann, weil alle Intensivbetten voll sind. Das müssen wir verhindern und dann müssen wir vorher rechtzeitig Maßnahmen ergreifen." pm, ots