Der ehemalige Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Ex-Generalinspekteur Harald Kujat, mahnt mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine deutlich stärkere diplomatische Bemühungen an.
Kujat sagte der "Heilbronner Stimme": "Es gibt einen gravierenden Mangel an Diplomatie. Ich wünsche mir dringend die Rückkehr der Politik. Es geht ja nicht nur um die Beendigung dieses Krieges, sondern auch um die Weichenstellung für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur. Beides kann nur am Verhandlungstisch erreicht werden."
Nato-Russlandland-Rat aktivieren
Kujat fügte hinzu: "Ich sehe insbesondere die Nato in der Pflicht, den Nato-Russland-Rat, der genau zu diesem Zweck geschaffen wurde. Das ist der Ort, an dem die Europäer und die Amerikaner gemeinsam mit Russland Lösungen für den Ukrainekrieg und darüber hinaus für die Überwindung der Meinungsverschieden-heiten durch einen Interessenausgleich finden könnten."
Flugverbotszone ist Kriegserklärung
Die Forderung nach einem Eingreifen der Nato oder nach Flugverbotszonen sei nicht nur fahrlässig, so Kujat, sondern "unverantwortlich": "Abgesehen davon, dass es für Flugverbotszonen kein UN-Mandat geben würde, wäre eine Flugverbotszone gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung an Russland. Damit Kampfflugzeuge der Nato nicht abgeschossen werden, müssten zunächst die Luftverteidigungssysteme Russlands ausgeschaltet werden. Selbst wenn dies gelingen sollte, würde Luftkämpfe folgen.
An der Schwelle zum Nuklearkrieg
Die Nato und Russland wären miteinander im Krieg und stünden an der Schwelle zu einem Nuklearkrieg." Kujat sagte weiter: "Ich weiß, das ist zynisch: Aber dann könnten wir die Diskussion um den Klimawandel vergessen, denn dann hätten wir für 50 Jahre nuklearen Winter in Europa."
Hoffnungen sind nicht erfüllbar
Mit Blick auf die Regierung in Kiew sagte Kujat: "Wir müssen ehrlicher mit der Ukraine umgehen. Es sind in den vergangenen Wochen viele Versprechungen gemacht worden, die Solidarität mit der Ukraine ausdrücken sollten: Im Hinblick auf die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine sowie auf ihre Unabhängigkeit. In der Ukraine hat das Hoffnungen geweckt, die nicht erfüllbar sind." pm, ots