Im Zuge ihrer Ermittlungen in der Cum-Ex-Affäre um die Hamburger Privatbank M.M. Warburg habe die Kölner Staatsanwaltschaft mittlerweile den Mail-Verkehr einer hochrangigen Mitarbeiterin im Kanzleramt ins Visier genommen.
Wie das Magazin "stern" in seiner neuen Ausgabe berichtet, hätten Ermittler aus Nordrhein-Westfalen am 21. April 2022 das E-Mail-Postfach von Jeanette Schwamberger (47), der Büroleiterin von Olaf Scholz und mittlerweile eine der engsten Vertrauten des Kanzlers durchsucht. Der "stern" beruft sich auf Unterlagen der Justiz in Nordrhein-Westfalen, die dem Magazin vorliegen.
Die Beschlagnahmung des elektronischen Briefkastens der Scholz-Vertrauten stehe im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs sowie gegen den früheren Hamburger Vize-Bürgermeister Alfons Pawelczyk und eine Hamburger Finanzbeamtin.
- Dabei gehe es um die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank M.M Warburg. Die drei Beschuldigten sollen der Bank geholfen haben, eine Steuerschuld von 47 Millionen Euro aus kriminellen Aktiengeschäften zunächst nicht zurückzahlen zu müssen.
- In der Affäre stehe auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) unter Druck.
- Derzeit gehe ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft der Frage nach, ob Scholz damals als Bürgermeister und Tschentscher als sein Finanzsenator politisch Einfluss genommen haben, die Millionen zunächst nicht zurückzufordern.
- Sowohl Scholz als auch Tschentscher bestreiten das. Scholz ist am kommenden Freitag ein zweites Mal als Zeuge vor den Ausschuss geladen.
Die Maßnahmen genehmigt habe das Amtsgericht Köln. In seinem Durchsuchungsbeschluss, der dem "stern" vorliege, rechtfertigt das Gericht die Maßnahmen damit, es könnten sich darin auch relevante Mails zur Vorbereitung der Zeugenaussage von Olaf Scholz im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Cum-ex-Affäre in Hamburg im April 2021 finden.
- Die Maßnahme sei wegen des gewaltigen Steuerschadens verhältnismäßig. Es gehe bei der Beschlagnahmung des Postfachs um die Zeit von Schwamberger im Bundesfinanzministerium. Sie war dort Büroleiterin von Olaf Scholz, bevor sie in gleicher Funktion mit ins Kanzleramt wechselte.
Bei der Durchsuchung des Postfaches seien die Ermittler auf eine E-Mail gestoßen, die die Staatsanwaltschaft Köln als verdächtig einordnet.
- Dabei gehe es um die Beantwortung einer Frage des Untersuchungsausschusses nach einem Termin von Scholz mit Peter Tschentscher, Alfons Pawelczyk und Johannes Kahrs.
- Neben der Schwamberger-Mail bewertete die Staatsanwaltschaft in einem 78-seitigen Vermerk von Ende Juni dieses Jahres noch weitere auffällige Nachrichten in elektronischen Postfächern und Kalendern von einer Reihe von Hamburger Finanzbeamten, Senatoren und Staatsräten.
- Unter der Zwischenüberschrift "Thema Datenlöschung" schreibe die Staatsanwaltschaft: Folgende Mails und Kalendereinträge seien "potentiell beweiserheblich, da sie auf Überlegungen zum Löschen schließen lassen."
- In der Auflistung der Staatsanwaltschaft finde sich die E-Mail von Scholz' Büroleiterin an zweiter Stelle.
Olaf Scholz ließ mitteilen, er sei "weder in die Kalenderabfrage noch in die Übersendung der Kalenderauszüge eingebunden" gewesen.
Darum hätten sich seine Vertrauen Schmidt und Schwamberger gekümmert. Eine Regierungssprecherin versicherte: "Es hat keine 'Auswahl' von Kalenderdaten gegeben." pm, ots
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